Der Macher der Krachmacher

Für immer Weserlabel: Fabsi, Besitzer und Punkrocker seit Anbeginn, blickt auf die zwanzigjährige Geschichte seines kleinen Bremer Musikverlages zurück. Mit Herzblut und Engagement rockt’s auch heute noch, und das wird am Freitag mit einem Jubiläumskonzert im Schlachthof gefeiert

Die Haare sind angegraut, aber wie 46 sieht er eigentlich nicht aus

Erst gab es Wurststullen, mit Goldspray haben sie den Bandnamen auf den alten Käfer gesprüht, und dann hat Fabsi alle zum Festival nach Hamburg kutschiert. Campino war dabei, im zarten Alter von 15. Wehe, wenn er am Sonntag um zwei nicht zum Hausaufgabenmachen zurück sei, mahnte der Papa. Es folgten zwei Tage Lärm und Dosenbier.

Fabsi, Claus Fabian mit bürgerlichem Namen, war damals, Ende der siebziger Jahre, Schlagzeuger bei „ZK“, der Vorgängerband der „Toten Hosen“. Später dann hat er mit den „Mimmi‘s“ weitergemacht: „Deutscher Meister wird der SV W“ hieß der Song, den keine Plattenfirma verlegen wollte. Da haben sie eben selbst eine Firma gegründet: „Notdürftig ‚Weserlabel‘ draufgeschrieben, und dabei ist es dann geblieben“, erzählt Fabsi heute. Das Weserlabel hat sich seitdem einen Namen gemacht, Spezialität: Punkrock; und es feiert dieser Tage seinen stolzen Zwanzigsten.

Bands wie „Heiter bis Wolkig“ und „Killerkouche“ hat er unter seinen Fittichen, auch „Schwarz auf Weiß“, eine Ska-Hoffnung aus Bremen. Für Musikrichtungen außerhalb des eigentlichen Programms gibt es das Sublabel „Superrock Records“, wo zum Beispiel „Soulmate“ oder die „Go Faster Nuns“ laufen. Der Vertrieb läuft über „Indigo“ aus Hamburg. Auf der einen Seite ist Fabsi also „für immer Punk“ geblieben, auf der anderen ein intelligenter Unternehmer geworden, der sich und seine Leidenschaft professionell vermarktet.

Er ist mittlerweile verheiratet und Vater, mit Elli, die damals auch bei den „Mimmi‘s“ dabei war, führt er eine „langjährige Rockehe“ am Bremer Fuchsberg. Die Haare sind angegraut, aber wie 46 sieht er eigentlich nicht aus, als er ohne Melancholie, aber mit spürbarer Begeisterung aus der bewegten Anfangszeit des deutschen Punk erzählt. „Das Weserlabel hatte nicht mal eine Buchführung damals“, sagt er, bis ihm das Finanzamt auf die Schliche kam. Er hat dann Tapeten geklebt für einen Kumpel, der machte ihm die Steuer, und am Ende gab es eine dicke Rückzahlung. „Das war der finanzielle Grundstock des Weserlabels“.

Befreundete Gruppen kamen auf ihn zu, das Label wuchs und gedieh, bis es zusammen mit einem umfangreichen Mailorder-Versand und elf Angestellten Anfang der Neunziger Jahresumsätze von bis zu 1,8 Millionen DM machte.

Bis die CD Einzug ins Geschäft hielt: Kleine Musikläden konnten sich die damals teuren Tonträger nicht leisten und gingen Pleite, parallel wollte niemand mehr die LPs aus dem Lager des Weserlabels haben. Das Unternehmen sitzt seitdem auf einem Schuldenberg. Natürlich bringt auch Fabsi heute hauptsächlich CDs auf den Markt, trotzdem trauert er der „lieblicher anzupackenden“ LP hinterher. Heute kann er froh sein, mit dem Label am Jahresende bei null zu landen.

„Notdürftig ‚Weserlabel‘ draufgeschrieben, und dabei ist es geblieben“

Die „Mimmi‘s“ lösten sich damals auf, er musste die Angestellten entlassen, den Versand und die frisch bezogenen Räumlichkeiten in Walle aufgeben und sich wieder am Fuchsberg einrichten, in einem alten Schuppen. Für Fabsi heute aber kein Grund, Trübsal zu blasen, er ist froh, statt des aufwändigen Versandgeschäfts nur noch seine Herzensangelegenheit Label zu betreiben. Und am Fuchsberg fühlt er sich wohl: „Da liegt was in der Luft, das ist total inspirierend.“ Überhaupt würde zurzeit wieder etwas gären, mit Ska zum Beispiel finde eine produktive Vermischung der Stile und Kulturen statt. Und was ist mit dem neuerdings propagierten „Revival des Punk“ à la David Beckham? Negativ, eine Frisur mache noch keinen Punk. „Damals gab es bei uns diesen Song“, so Fabsis Kommentar zum Thema, „der hieß ‚Folter für Travolta‘“.

Revival oder Tradition, am Freitag, 11. Oktober, um 19.00 Uhr wird erst einmal der zwanzigste Geburtstag des Weserlabels gefeiert, mit Videos von damals und natürlich laut krachenden Tönen aus den Boxen. Die Nachfolgeband der „Mimmi‘s“ wird da sein: „Fabsi und der Peanutsclub“, die „Dimple Minds“, die „Go Faster Nuns“, „Killerkouche“ und Überraschungsgäste. Fans werden erwartet, die schon seit 20 Jahren dabei sind – mittlerweile Mamas und Papas geworden mit kleinen Punkrock-Kindern. Lene Wagner