DIE PDS HAT KEINE VORSTELLUNG VON DER ZUKUNFT DER GESELLSCHAFT
: Eine Partei ohne Nutzwert

Offensichtlicher kann eine Krise nicht sein: Die PDS ist aus dem Bundestag geflogen. Ihr Vorstand kann sich nicht einmal mehr auf gemeinsame Sprachregelungen für die Öffentlichkeit einigen. Und Petra Pau – die Frau, die die Partei aus der Krise führen möchte – gibt intern schon die Wahlen bis 2006 verloren und nennt einen Neuanfang „fast unmöglich“. Doch die Ursachen der existenziellen Krise der PDS sind nicht die verlorene Wahl und die in Auflösung begriffene Parteiführung.

Die PDS hat in der Nach-DDR-Gesellschaft erstaunlich lange und lange erstaunlich erfolgreich existiert. Eines hat sie allerdings in den vergangenen zwölf Jahren versäumt: eine Vorstellung zu entwickeln, wie und wohin sie diese Gesellschaft verändern will. Dieses Defizit wurde lange überdeckt: von dem darstellerischen Ausnahmetalent Gregor Gysi; von der wohlfeilen Reklamierung utopischer Positionen, die Grüne unter Schmerzen aufgegeben hatten; vom Hegen und Pflegen ostdeutscher Identitäten. Das hat eine Zeit lang gereicht, nun reicht es nicht mehr.

An zwei Landesregierungen beteiligt, merkt die PDS und – schlimmer für sie – merken die Wähler: Die PDS hat weder Konzept noch Instrumentarien noch Personal, um diese Gesellschaft zu verändern. Der Abschied aus der Regierungsverantwortung oder aus verantwortlichem Regieren wäre jedoch nur eine Flucht. Die ersehnte Hinwendung zur außerparlamentarischen Opposition ist irrational: Weder Attac noch sonst wer braucht einen politischen Apparat, der nicht mehr weiß, wozu er taugen könnte.

Will die PDS eine Zukunft haben, muss sie ihren Nutzwert beweisen. Was kann die PDS, was ihre Konkurrentinnen nicht können? Die Interessen des Ostens authentischer artikulieren. Das reicht nicht für eine Partei – schon gar nicht für eine linke. Will sich die PDS eine dauerhafte Existenzberechtigung erarbeiten, wird sie um den Beweis nicht herumkommen, dass sie die Gesellschaft effektiver verändert als Rot-Grün. Davon scheinen allerdings nicht viele Menschen überzeugt. Nicht einmal viele in der PDS. ROBIN ALEXANDER