Kampf mit dem Körper

Theater in der Washingtonallee nähert sich mit einem szenischen Monolog der Surrealistin Frida Kahlo

Zwei Dinge trieben die Malerin Frida Kahlo Zeit ihres Lebens um. Zum einen die Sehnsucht nach Diego, ihrem untreuen Ehemann, dem auch sie immer wieder untreu wurde. Zum anderen der Kampf mit ihrem Körper, der von Kinderlähmung und einem Busunfall gezeichnet war. Daraus folgte für sie: „Ich muss malen.“ Dies ist jedenfalls die Deutung des Theaters in der Washingtonallee. Prinzipalin Angelika Landwehr schlüpft selbst in die Rolle der mexikanischen Surrealistin. Aus Tagebucheintragungen der Künstlerin und Texten der Kahlo-Biographie von Elena Poniatowska ist so ein einstündiger Fragment-Monolog entstanden.

Die Bühne des Theaters in Hamburg-Horn ist zur Künstler-Mansarde geworden, Mikrokosmos eines bewegten Lebens. Mit Bett und Staffelei nebst allerlei Utensilien, die ein Leben so anhäuft, ist es der Aufenthaltsort von Frida Kahlo. Hier dreht sich alles um sie, hier dreht Kahlo sich um sich selbst. Seufzend greift sie zum Kognakglas. Langsam quält sie sich mit ihrem gehandicapten Körper die Stufe zur Staffelei empor. Die ZuschauerInnen blicken durch einen Bilderrahmen im doppelten Sinne. Es sind Werke von Frida Kahlo, die die Bühne einrahmen. Das Bühnengeschehen selbst ist wie ein zum Sprechen gebrachtes Bild.

Diese Ausstattung (L. Wegers / A. Landwehr) und das Kleid (Kostüme: Ines Schönemann) sind die Basis für eine Annäherung an ein Leben. Landwehr zeigt eine spröde Kahlo. Rauchend, genervt betritt sie den Raum. Mit steifem Rücken müht sie sich ab, sucht ihre Pillen. In Gedanken verloren beginnt sie zu malen, bricht wieder ab. Eine Puppe dient als Schmuseobjekt. Kahlos Körper ist nicht nur ein sich verweigerndes Vehikel. Er birgt auch die Sehnsucht nach Zärtlichkeit. „Ich möchte umgeben sein“, sinniert die Verlassene.

Eindrucksvoll ist auf der Bühne zu sehen, was im Programmheft als „lebenslanges Sterben“ beschrieben wird. Ein paarmal wird der Subtext mitgesprochen: „Was soll ich noch tun?“ oder „Das könnte das letzte Mal sein.“ Das könnte man noch streichen, es vermittelt sich auch so. Der Monolog endet in Trunkenheit der Alkoholkonsumentin Kahlo. Sie betäubt ihre seelisch-körperlichen Schmerzen. In diesem Teil des Stücks gibt auch die Darstellerin Landwehr ihr textliches Korsett auf. Sie kombiniert die Fragmente jeden Abend neu. „Viva la vida!“ CHRISTIAN RUBINSTEIN

Vorstellungen: jeweils Do–Sa, 20 Uhr, Washingtonallee 42, Kartentelefon: 65 99 11 68