Münchner Wehr gegen rechte Macht

Bayerische Landeshauptstadt verbietet Großdemo von Rechtsextremisten zur neuen Wehrmachtsausstellung

MÜNCHEN taz ■ Der Showdown findet im Tal statt. In jener Straße der Münchner City, die den Marienplatz mit dem Isartor verbindet. Dort prallen die beiden Demonstrationszüge um ein Haar frontal aufeinander. In letzter Sekunde kann die Polizei eine Kette bilden, um die Gruppen zu trennen – hier gut 5.000 Rechtsextreme, dort gut 15.000 Gegendemonstranten, unter ihnen viele Autonome. „Das war der gefährlichste Polizeieinsatz meines Lebens“, sagt später der Einsatzleiter Siegfried Böhm.

Am 1. März 1997 hatten die Rechten zu einer ihrer größten Demonstrationen der Nachkriegsgeschichte aufgerufen. Anlass war die Eröffnung der Wehrmachtsausstellung im Rathaus, die in keiner deutschen Stadt so umkämpft war wie in der einstigen „Hauptstadt der Bewegung“.

Jetzt ist die überarbeitete Ausstellung zurückgekehrt nach München, und nur wenige Tage nach ihrer Eröffnung – dieses Mal weniger prominent im Stadtmuseum – wollen sich prominente Neonazis wie Christian Worch, Friedhelm Busse und Steffen Hupka samt Gefolgschaft wieder zur Großdemonstration versammeln. Doch nach den Erfahrungen von 1997 hat die Stadt München gestern den für morgen geplanten Zug verboten. Die Polizei habe sich nicht in der Lage gesehen, einen störungsfreien Umzug durch die Innenstadt zu gewährleisten, erklärte Kreisverwaltungsreferent Wilfried Blume-Beyerle. Eine Kundgebung auf dem Südteil der Theresienwiese ließ die Stadt allerdings als Ersatz zu.

Mindestens 1.500 rechtsextreme Teilnehmer werden wohl trotzdem anreisen. Auf der Gegenseite formiert sich das seit 1991 erprobte „Bündnis gegen Rassismus“, dem von SPD und Grünen über Gewerkschaften und Attac bis hin zur DKP und den „Löwen-Fans gegen Rechts“ diverse Gruppen angehören und das morgen eine Gegendemonstration auf dem Marienplatz veranstaltet. Das Bündnis hatte mit Stadt und Kreisverwaltungsreferat hart um die Routen gerungen und feiert das Verbot nun als Erfolg. „Ich wünsche mir, dass genügend Münchner dorthin gehen, wo die Neonazis marschieren“, hatte Martin Löwenberg von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes gesagt: „Es sollten so viele sein, dass die Polizei das Demonstrationsrecht der Rechten nicht durchsetzen kann.“ Denn das ist ihnen unter hilfreichem Wegschauen der Polizei vor fünf Jahren auf dem Marienplatz im Herzen der Stadt gelungen. Nun dürfte man von Seiten der Gegendemonstranten auch erwägen, die Theresienwiese schon vorab zu besetzen.

Mit dem Verbot des Zuges scheint der Konfrontation aber um einiges an Schärfe genommen. Viele Münchner können aufatmen. Denn die Gegenwehr von 1997 hat viel zum Selbstverständnis der Münchner als couragierte Bürger einer weltoffenen Stadt beigetragen. In den Zeitungen klopfte man sich mit Schlagzeilen wie „Eine Stadt bleibt wachsam“ auf die Schulter. Die Bilder von ganz normalen Leuten, die bösen Neonazis Auge in Auge gegenüberstanden, gingen um die Welt. Falls sich Neonazi-Agitatoren nun in Szene hätten setzen können, hätte die Stadt einen Ruf zu verlieren. Diese Gefahr scheint gebannt.

Anders als vor fünf Jahren gibt es diesmal keine erbitterte Auseinandersetzung innerhalb des bürgerlichen Lagers. Der damalige CSU-Landtagsabgeordnete Peter Gauweiler hatte die Ausstellung und ihre Macher massiv angegriffen. So empfahl er Jan Philipp Reemtsma, er solle sich „lieber um die Opfer der Tabakindustrie kümmern“ und löste einen wochenlangen heftigen Streit aus. Mit Kritik an der neuen Ausstellung hält sich Gauweiler, frisch gewählter Bundestagsabgeordneter für München-Süd, nun zurück. Auch wenn er in Interviews weiterhin seinen tiefen Respekt für den „jungen Wehrmachtssoldaten Franz Josef Strauß“ und dessen Generation verkündet. JÖRG SCHALLENBERG