Besser, schlechter, unklar?

Sie sollte alles einfacher und klarer machen, die Mietrechtsreform. Fazit nach dem ersten Jahr: Verbesserungen zugunsten der MieterInnen bei gleichzeitiger Unsicherheit im Kündigungsschutz

Maria wohnt seit sechs Jahren in ihrer Wohnung und möchte für einen neuen Job in eine andere Stadt ziehen. Nach altem Mietrecht (§ 565 BGB) hätte sie eine Kündigungsfrist von einem halben Jahr. Ein noch größeres Problem hat die alte Frau Meier: Sie lebt seit 37 Jahren in ihren drei Zimmern und kommt nun nicht mehr alleine zurecht. Sie will in eine Seniorenwohnanlage übersiedeln, aber ihre Kündigungsfrist beträgt ein Jahr.

„Diese langen Kündigungsfristen hat der Gesetzgeber für nicht mehr zeitgemäß gehalten“, sagt Hans Henning Schmitz vom gemeinnützigen Verein „Mieter helfen Mietern“ in Bremen. Seit dem 1. September 2001 gilt für MieterInnen grundsätzlich eine einheitliche Kündigungsfrist von drei Monaten. Voraussetzung: Der Mietvertrag ist nach dem 1. September 2001 abgeschlossen worden.

So weit, so klar. Komplizierter wird es, wenn der Mietvertrag älter ist, so wie bei Maria oder Frau Meier. Schon im April verlangte der Deutsche Mieterschutzbund von der damaligen Justizministerin Herta Däubler-Gmelin eine Nachbesserung des Gesetzes „dahin gehend, dass die dreimonatige Kündigungsfrist für Mieter nicht nur für neue, sondern auch für alte Mietverträge gilt.“ Das ist bisher nicht geschehen. Die dadurch entstandene Unsicherheit spürt auch der MieterInnenberater Schmitz: „Es rufen ganz viele Leute an und wollen wissen, was sich denn nun für sie geändert hat.“ Die Gerichte urteilen bisher uneinheitlich, je nach Gesetzesinterpretation.

Schmitz nimmt an, dass „die neue Regelung bei 80 bis 90 Prozent der alten Mietverträge trotzdem wirksam werden dürfte“. Voraussetzung dafür sei, dass ein Verweis auf § 565 BGB (ältere Fassung) im Mietvertrag stehe. In § 565 in seiner alten Fassung finden sich die unterschiedlichen Kündigungsfristen, die sich nach der Mietdauer richten. „Und wenn sich ein Gesetz ändert, ändert sich automatisch ein Vertrag, der sich auf das Gesetz bezieht“, erklärt der Berater. Ohne einen Verweis auf das Gesetz würde ein Vertrag mit anderen Fristen als „individuelle Vereinbarung“ angesehen, die nicht von der Reform betroffen wäre.

Die alte Frau Meier sollte also schnellstens ihre Lesebrille zücken und das Kleingedruckte ihres Vertrags nach eben jenemParagraphen durchkämmen. Die verkürzten Kündigungsfristen gelten übrigens nur für die MieterInnenseite. VermieterInnen müssen nach wie vor andere Fristen berücksichtigen.

Auch andere Punkte belegen die grundsätzliche MieterInnenfreundlichkeit der Reform: Etwa, dass VermieterInnen jetzt spätestens 12 Monate nach Ende des Abrechnungszeitraums eine Betriebskostenabrechnung vorgelegt haben müssen. Wenn die Frist verstrichen ist, kann der Vermieter keine Nachforderungen mehr geltend machen. Umgekehrt müssen aber auch MieterInnen spätestens 12 Monate nachdem sie die Rechnung bekommen haben, eventuelle Einsprüche erhoben haben. Ein weiterer Vorteil: Die sogenannte Kappungsgrenze, die bisher eine Mieterhöhung von bis zu 30 Prozent innerhalb von drei Jahren erlaubte, senkt die Mietrechtsreform auf eine 20-prozentige Erhöhung.

Für „verpartnerte“ Lesben und Schwule ist noch gut zu wissen: Sollte eine PartnerIn sterben, hat der oder die andere nun auch das Recht, in den Mietvertrag einzutreten. Dieses Recht hatten bis September 2001 nur heterosexuelle verheiratete Paare. Für alle unverpartnerten Menschen bleibt alles beim alten.

Ulrike Bendrat