Hosianna rufen nur Politiker

Vegesacker Händler sind sauer: Bald öffnet das „Haven Höövt“, doch die versprochene Aufwertung der Innenstadt lässt auf sich warten. Wirtschaftsressort: Die vorgesehenen Mittel wurden gekürzt

„Möglicherweise ist das Vegesack-Geld in den Space Park geflossen“

Der Rohbau steht schon, Ende März soll der Vegesacker Konsumtempel „Haven Höövt“ seine Pforten öffnen – ein Magnet für den ganzen Stadtteil, wie Bürgermeister Perschau (CDU) den alteingesessenen Einzelhändlern jüngst bei einer Besichtigung des Rohbaus versicherte: „Wenn die Verkehrs-Ströme vom ‚Haven Höövt‘ in die Innenstadt funktionieren, profitieren auch Sie.“ Das genau bezweifeln jedoch die Händler. „Parken gratis und ein umfassendes Warenangebot – wer dort einkauft, kommt nicht mehr bis hoch in die Fußgängerzone“, fürchtet Buchhändler Claus Otto: „Hosianna schreien nur die Politiker.“

Nicht alle. Rainer Buchholz, CDU-Fraktionsvorsitzender im Vegesacker Beirat, kann seinen Unmut über die „verschleppende Vorgehensweise“ bei der Umgestaltung des Sedanplatzes „nur noch mit Mühe und Not zurückhalten.“ Auch seine Kollegin Anke Nerger von der SPD übt scharfe Kritik: „Der Beirats-Beschluss zum Sedanplatz steht seit eineinhalb Jahren. Seitdem ist nichts passiert.“

Gemeinsam setzen die beiden Fraktionen, die sich sonst nur selten grün sind, nun SPD-Ortsamtsleiter Reiner Kammeyer unter Druck. Wie und wann es denn am Sedanplatz weitergehe, wann die Innenstadt endlich saniert werde, und was eigentlich mit den 40,9 Millionen Euro passiert sei, die der Senat schon vor Jahren für Vegesack bereitgestellt habe. „Wir im Beirat erfahren die Dinge bestenfalls tröpfchenweise oder erst dann, wenn alles schon gelaufen ist“, klagt Buchholz.

Inzwischen brodelt die Gerüchteküche. Möglicherweise sei das Vegesack-Geld in den Space Park geflossen, wird gemunkelt. Kammeyer hingegen glaubt zu wissen, dass die Mittel nach Bremerhaven geflossen sind. „Wenn ein Projekt sich verzögert, muss man das Geld zwischenzeitlich arbeiten lassen, damit es nicht brach liegt“, orakelte Perschau bei seinem Besuch.

Das Wirtschaftsressort widerspricht: Die Mittel seien nicht vorübergehend abgezweigt, sondern durch Beschluss der Wirtschaftsförderungsausschüsse definitiv gekürzt worden – zu Gunsten von Stadtmarketing, Musikfest und einem Existenzgründer-Programm. „Im Vergleich zu den 40 Millionen Euro handelt es sich dabei aber nur um geringe Summen“, sagt Sprecher Andreas Jacobsen.

Siegmar Stintzing, seit September neuer Geschäftsführer der Stadtentwicklung Vegesack GmbH (Stave), die alle Maßnahmen in Bremens nördlichem Stadtteil koordiniert, ist mit der Entwicklung der Vegesacker Innenstadt hingegen zufrieden: „Momentan läuft das alles sehr gut. Wir müssen es nur noch zu Ende bringen.“ Kammeyer hat ihn jetzt erst einmal um einen Kassensturz gebeten – um zumindest wieder einen ersten Überblick über die Finanzen zu bekommen. Anne Ruprecht