Mobilcom zittert

Unternehmen kann fälligen Kredit über 4,7 Milliarden Euro nicht begleichen. Konkurrent Quam gibt auf

BERLIN taz ■ Die Chronik eines angekündigten Todes – in zwei Versionen: Es geht um den Traum der mobilen Zukunft und um den des großen Geldes. Hauptakteure sind sündhaft teure UMTS-Lizenzen. Und die Lizenznehmer.

Die erste Version handelt von Quam, einer Tochter der spanischen Telefónica und der finnischen Sonera. Die Financial Times weiß von einem Brief, den Quam seinen 197.000 Kunden schicken will. Darin wird mitgeteilt, dass zum 15. November der Netzbetrieb abgeschaltet wird. Und dass der Adressat am besten zu T-Mobile wechseln möge. Unerwähnt bleibt, dass die Empfehlung 50.000 Euro an Bakschisch einbringt. Und dass pro gewechseltem Kunden noch eine Kopfprämie in Aussicht steht.

Quam verfügte nie über ein eigenes Netz, sondern nutzte das des Konkurrenten E-Plus mit. Abhilfe schaffen sollte künftig das UMTS-Netz, dessen Lizenz im August 2000 für 8,5 Milliarden Euro ersteigert worden war. Jetzt erklärt das Unternehmen, die Gesellschafter hätten entschieden, „die kurz- und mittelfristige Strategie in Deutschland neu auszurichten“. Ein Unternehmenssprecher gegenüber der taz: „Quam wird nach einem Sozialplan seine Belegschaft auf 30 Mitarbeiter abbauen“ – von ehemals 900. „Die Gesellschafter behalten aber die UMTS-Lizenzen“, so der Sprecher. Die postalischen Aktivitäten seines Hauses wollte er nicht bestätigen.

Nun zur zweiten Version: Mobilcom. Auch die haben UMTS-Lizenzen ersteigert, stecken in wirtschaftlichen Nöten und bauen massiv Mitarbeiter ab. Von den 4.200 Vollzeit-Arbeitsplätzen sollen nach Willen des Vorstands nur noch 1.850 bleiben. Anders ist in diesem Fall allerdings, dass der Mobilcom-Gesellschafter nicht zu seiner Tochter steht: Nach monatelangen Querelen drehte die France Télécom den Geldhahn zu, was das Büdelsdorfer Unternehmen in prekäre Zahlungsschwierigkeiten brachte. Der mittlerweile selbst schwer angeschlagene französische Großaktionär hatte sich verpflichtet, die Finanzierung abzusichern und Mittel bis zu zehn Milliarden Euro für den Aufbau des UMTS-Netzes bereitzustellen.

Gestern wurde nun der Großkredit von über 4,7 Milliarden Euro fällig, der für den 8,48 Milliarden schweren UMTS-Kauf aufgenommen wurde – und zwar bereits zum dritten Mal. Bis Redaktionsschluss der taz diskutierte man noch immer hinter verschlossenen Türen. Allerdings hatten Experten die Bereitschaft der France Télécom erwartet, Mobilcom mit einer Finanzspritze zu helfen. Außerdem werde ein Verkauf des 28,5-Prozent-Aktienanteils an die kreditgebenden Banken erwogen. Mit gutem Argument: France Télécom ist durch diverse Verträge zur Zahlung verpflichtet.

NICK REIMER