Kopf an Kopf um einen Job

Ortsamtsleiter-Wahl in der Neustadt: Lokalmatador Fischer hat einen ernsthaften Herausforderer aus Freiburg. Das kann Taktik oder der tatsächliche Wunsch nach frischem Wind sein

Eichhorst wirbt: „Lokale Demokratie, Bürgerbeteiligung, Transparenz“

„Auf den Kandidaten Eichhorst entfielen elf Stimmen, der Kandidat Fischer bekam 13 Stimmen.“ Die Kandidaten Nummer drei und vier fielen mit jeweils null Stimmen durch. So lautete das Ergebnis des ersten Wahlgangs zur Ortsamtsleiterwahl für die Neustadt und Woltmershausen am Montagabend.

Weder Lokalmatador Klaus-Peter Fischer, der Amtsleiter der letzten zehn Jahre, noch das in Bremen unbeschriebene Blatt Jürgen Eichhorst, Herausforderer aus Freiburg, konnten damit die erforderliche absolute Mehrheit aller stimmberechtigten Beiräte auf sich vereinen. Deshalb trafen sich die BeirätInnen gestern Abend erneut in der Aula des Schulzentrums Delmestraße, um ihren Wunschamtsleiter im zweiten oder nötigenfalls dritten Wahlgang zu küren. Die Abstimmung dauerte bei Redaktionsschluss noch an.

Das knappe Ergebnis des ersten Wahlgangs provoziert Fragen. Ist das ein Denkzettel für den bisherigen Amtsinhaber? Die ehemalige CDU-Beirätin Heidrun Lemke aus Woltmershausen sagte: „Es geht nicht um eine Watsche für Herrn Fischer, nicht von der CDU aus.“ Sie befürchtete, es könnte darum gehen, „dass die SPD ihren Mann durchsetzen will“. Dem widersprach Klaus Dieter Rathjen von der Woltmershauser SPD-Fraktion: In seinem Stadtteil gebe es keine Parteiorder, dass SPD-Mitglieder für den der SPD nahe stehenden Eichhorst votieren sollen. Das bestätigte die Neustädter SPD-Beirätin Susanne Martens: „Wir haben in der Fraktion nur ausgemacht, dass der Bessere gewinnen möge. Und wir haben keinen Fraktionszwang vereinbart.“ Möglicherweise habe das aber die CDU, spekulierte sie.

Wenn es denn der „Bessere“ sein soll, bleibt zu fragen, was ein gebürtiger Wilhelmshavener aus Freiburg mitbringt, dass fast die Hälfte der anwesenden Wahlberechtigten ihn als ihren zukünftigen Sitzungsleiter favorisiert? „Es ist wissenschaftlich belegt, dass eine frühzeitige Beteiligung der BürgerInnen und Bürger an Planungsprozessen diese nicht in die Länge zieht, sondern verkürzt und dadurch auch Geld gespart werden kann.“ War es ein Satz wie dieser, mit dem Eichhorst bei den beiden Beiräten gepunktet hat? Schließlich kämpfen die selbst oft darum, frühzeitig in Entscheidungsprozesse einbezogen zu werden. Vielleicht hat einigen StadtteilparlametarierInnen auch imponiert, dass der Verwaltungswirt Eichhorst internationale Erfahrung vorzuweisen hat: Er hat im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung Anfang der neunziger Jahre in der Volksrepublik China Projekte zum Umweltschutz und zum Aufbau sozialer Sicherungssysteme mitbearbeitet.

Der Heimspieler Fischer wollte offenbar nicht nur seinen Stallgeruch dagegen setzen. Während Eichhorst „Bürgerengagement, lokale Demokratie und Transparenz der Verwaltung“ als seine Anliegen dargestellt hatte, nannte Fischer drei zukünftige Arbeitsschwerpunkte an der Langemarckstraße: „Kinder sind unsere Zukunft“, aber in der Neustadt gebe es zu wenige Angebote für die jüngste Generation. Das will Fischer ändern. Angesichts der immer länger gesund bleibenden ältesten Generation will er – soziologisch mit seinen 53 Jahren eher den Senioren näher – für die Älteren im Stadtteil Möglichkeiten schaffen, lange unabhängig und selbstbestimmt in der Neustadt wohnen bleiben zu können. Und angesichts des hohen AusländerInnenanteils in der Neustadt will der Noch-Amtsleiter unter anderem einen „Dialog mit den Neustädter Moscheen“ beginnen.

Den Noch-und-vielleicht-wieder Ortsamtsleiter Fischer dürfte das Kopf-an-Kopf-Rennen an seine erste Wahl erinnern: Vor zehn Jahren bekam er im ersten Wahlgang drei, sein Konkurrent 16 Stimmen. Aus dem zweiten Wahlgang ging Fischer dann mit 19 Stimmen als Sieger hervor.

Ulrike Bendrat