The Go Betweens II

Norwegen als der Nabel von Jazz und Elektronik: Sidsel Endresen und Bugge Wesseltoft treten im Quasimodo auf

In einem Gedicht der norwegischen Sängerin Sidsel Endresen heißt es: „Betone deinen Nabel, wenn er das Schönste an dir ist, und verberge den Rest“. Die „naked truth“ wird unter Verschluss gehalten. Endresen brodelt, stampft, will ausbrechen. Sie biegt die Laute, spuckt sie, sie stottert und flüstert. Ein Wort, dann Stille, Raum. Gelegenheit zu vielfältigen Assoziationen.

Endresen arbeitet im Duo mit dem norwegischen Jazzpianisten und Elektroniktüftler Bugge Wesseltoft. Die Genregrenzen verschwimmen in den Ambient Sounds der beiden. Jazz ist für sie das Synonym für die kreative Form, die spontane Improvisation, der Bruch mit Gewohntem. Auf ihren Alben, die auf Wesseltofts Label Jazzland veröffentlicht werden, erforschen Endresen und Wesseltoft die Möglichkeiten gemeinsamer Spontanimprovisation von Stimme, Klavier und Keyboards. Endresen singt ausschließlich in englischer Sprache und überhaupt vermeiden beide bewusst norwegische oder allgemein skandinavische Folkloreelemente.

Nachdem es Mitte der 90er-Jahre in Norwegen eine musikalische Revolution im Bereich der Elektronik gegeben hatte, eröffneten zahlreiche neue Clubs, die wiederum viele internationale DJs anzogen. So wurde Wesseltoft durch den Detroiter Underground-Resistance-DJ Jeff Mills und Berliner Minimal-Techno-Labels wie Basic Channel und Rhythm Of Sound beeinflusst.

Für Wesseltoft ist die elektronische Musik die einzige Popmusik, die sich permanent weiterentwickelt, und in seinen Sounds verschmelzen die einzelnen musikalischen Elemente zu einem Ganzen. Selbst Endresens Texte lösen sich vom Inhalt ab und werden zu Klang. Sparsame Akzente und der Wechsel von akustischem Piano und synthetischen Klangmustern formen die minimalistische Ästhetik des Duos. Die meisten der elf Stücke auf dem neuen Album „Out there. In There“ sind frei improvisiert. Alles, was auf dem Album ist, soll auch live umgesetzt werden können. Es beginnt mit dem experimentellen „Truth“, das voll zerbrechlicher Schönheit ist und an die frühen Aufnahmen von Laurie Anderson und Meredith Monk erinnert. Auf dem letzten Stück „Try“ begeben sich Endresen und Wesseltoft dann mit den gewohnten Mustern von durchgehendem Rhythmus und geradlinigem Gesang und Refrain wieder sanft in Richtung Pop. In Here. Out There. Der Jazz ist irgendwo dazwischen.

MAXI SICKERT

Ab 22 Uhr, Quasimodo, Kantstraße 12a