AFRIKAS KRISEN LASSEN EUROPA ALT AUSSEHEN
: Vereintes Leid, getrenntes Mitleid

Es ist Routine, dass Hilfswerke und UN-Organisationen vor Hungersnöten warnen, fehlende Hilfszusagen beklagen und die internationale Gemeinschaft zu größeren Anstrengungen auffordern. Vor allem in Afrika hat sich die Welt daran gewöhnt.

Aber allmählich scheint die Summe der Notlagen in Afrika eine neue Qualität zu erreichen. Zusätzlich zur größten Dürre seit zehn Jahren im südlichen Afrika droht eine ähnliche Katastrophe am Horn von Afrika, und dazu kommt ein absehbarer Absturz von Millionen Westafrikanern in die absolute Armut, weil die neue Krise in der Elfenbeinküste zu Engpässen und Verteuerungen bei der Lebensmittelversorgung in der Region führt. Nicht zu vergessen die endemischen Krisen im Afrika der Großen Seen, in Sudan, in Angola. Es hat Folgen, wenn zwei der leistungsfähigsten Volkswirtschaften des Kontinents – Simbabwe und die Elfenbeinküste – gleichzeitig ausfallen: Diese Länder reißen ganze Subregionen mit sich ins Elend.

In diesem Jahr hat die Welt mehrfach den Willen Afrikas gefeiert, sich zu vereinen – bei der Gründung der Afrikanischen Union, bei der Präsentation des gesamtafrikanischen Entwicklungsplans Nepad. Die reichen Industrienationen applaudierten, lehnten sich zurück und warten nun auf Ergebnisse. Aber langfristiges Denken nützt nichts in Ländern, in denen die Mehrheit der Bevölkerung schon mit dem täglichen Überleben überfordert ist. Wenn Afrika sich nur in der Krise zusammenschließt, muss dem vonseiten der reichen Industrieländer eine ebenso konzertierte Bereitschaft zum Engagement folgen.

Das gibt es nicht. Bislang werden in Europa die britischen Befürchtungen über Simbabwe als Privatsache der Engländer betrachtet, das französische Eingreifen in der Elfenbeinküste als alleinige Angelegenheit von Paris. Es gibt kein europäisches Konzept und kein international abgestimmtes Handeln. Aber je komplexer und verzahnter die Krisen Afrikas werden, desto ungeeigneter sind isolierte Aktionen einzelner äußerer Mächte in einzelnen afrikanischen Ländern, der Probleme Herr zu werden. DOMINIC JOHNSON