Kleine Zumutungen unter Freunden

In der zweiten Reihe sind sie die interessantesten Köpfe: Rezzo Schlauch, Marieluise Beck und Hans Martin Bury

BERLIN taz ■ Im Spekulationskarussell der letzten zwei Wochen wurde er öfter herumgestoßen, als es einer mit seinen Qualitäten eigentlich verdient hätte. Nun wird der grüne Ex-Fraktionschef Rezzo Schlauch Staatssekretär in Clements Megaministerium, zuständig für den Wirtschaftsbereich. Der Wirtschaftsförderung hatte Schlauch sich schon als Stuttgarter OB-Kandidat verschrieben – und später für autofreundliche Ideen Prügel von den Grünen eingesteckt.

Die bisherige Ausländerbeauftragte Marieluise Beck kennt ihren alten Widersacher Otto Schily noch aus gemeinsamen Zeiten in der ersten grünen Bundestagsfraktion 1983. Nach dem Abgang von Cem Özdemir ist die Bremerin mehr denn je das multikulturelle Aushängeschild ihrer Partei. Konsequenterweise wird sie jetzt aufgewertet – zur „Integrationsbeauftragten“ im Rang einer Staatssekretärin im Familienministerium. Ob sie Schily damit wirksamer Paroli bieten kann, ist freilich noch offen – denn über ihre Kompetenz- und Finanzausstattung verrät der Koalitionsvertrag wenig.

Die Berufung von Hans Martin Bury zum Europa-Staatsminister im Auswärtigen Amt begann als Zumutung unter Freunden. Vor der Bundestagswahl schon wollte Kanzler Gerhard Schröder seinem Freund und Außenminister Joschka Fischer die Europakompetenzen abluchsen. Mit dem guten grünen Wahlergebnis im Rücken hat Fischer das Ansinnen abgewehrt – dafür bekommt er mit dem bisherigen Staatsminister im Kanzleramt einen Schröder-Vertrauten ins Haus gesetzt. Im AA ist man sich freilich sicher, den Neuen gut in den Griff zu kriegen: „Alles, was er zu sehen bekommt, haben wir schon vorher gesehen.“ Bury wird sich der Einvernahme zu entziehen suchen: Der 36-jährige frühere Vorstandsassi der Volksbank Ludwigsburg ist einer der wenigen erfolgreichen Aufsteiger der jungen SPD-Generation – mit weiteren Ambitionen.

PATRIK SCHWARZ