Diamantenindustrie ist ruiniert

Weil die kongolesische Regierung unter Kabila ihre Diamantenfirma Miba ausplünderte, um Waffen zu kaufen, steht der Bergbau des Landes jetzt vor dem Bankrott

BRÜSSEL taz ■ Blutdiamanten sind in der Definition der UNO und der Diamantenindustrie solche, die von Rebellen zur Kriegsfinanzierung verkauft werden. Aber in der Demokratischen Republik Kongo hat auch die staatliche Diamantenförderung zum Kauf von Waffen und zur Finanzierung des Militärs gedient und damit die Diamantenindustrie an den Rand der Pleite getrieben. Dies geht aus regierungsinternen Dokumenten hervor, die der taz vorliegen.

So bestätigte Laurent Kabilas Militärchef General François Olenga, früher im Kölner Exil und seit 1997 mit Kabila im Kongo, am 3. Juni 1999 den Erhalt von 747.500 US-Dollar von der größten kongolesischen Diamantenfirma Miba (Minière de Bakwanga), die die industriellen Diamantenminen im Zentrum des Landes betreibt. Ein ehemaliger Miba-Finanzchef sagt, Olenga sei beauftragt gewesen, mit Diamantengeld in Osteuropa Waffen für Kongos Regierungstruppen einzukaufen. Nach Angaben des Branchendienstes Africa Mining Intelligence flossen 1999 über fünf Millionen Dollar von Miba auf die Konten der kongolesischen Armee. Im November 1999 überwies die Miba 1,5 Millionen Dollar auf ein Konto der ukrainischen Waffenfirma Ukroboron bei der belgischen Bank Belgolaise. Als die Bank die Überweisung ablehnte, schickte die Miba die Summe an ein Konto der kongolesischen Zentralbank bei der Bank UBS in Genf.

Nach Angaben der belgischen Sibeka, die 20 Prozent der Anteile an der zu 80 Prozent staatlichen Miba hält, gingen 1999 38,5 Millionen Dollar – 40 Prozent des Miba-Gesamtumsatzes von 97,2 Millionen – im Rahmen einer „Steuervorauszahlung“ an die Regierung. Dazu kamen dann noch richtige Steuern und Abgaben sowie Sonderzahlungen, die in der ersten Jahreshälfte 1999 50,2 Prozent des Umsatzes verschlangen. In den ersten fünf Monaten 2000 entnahm die Regierung der Miba 13,2 Millionen Dollar – 32 Prozent ihres Umsatzes.

In einem Memorandum sorgt sich die Sibeka, die Miba sei nach alledem praktisch pleite, weil sie gleichzeitig Schulden von 60 Millionen Dollar gegenüber ihren Lieferanten aufgehäuft habe. „Miba kann die Abgaben an den Staat nicht mehr liefern, vor allem nicht für den Krieg, wenn sie nicht Mindestmittel von sechs bis sieben Millionen Dollar zur Deckung laufender Ausgaben zur Verfügung hat“, schreibt der Mindestaktionär in seinem Bericht von September 2001.

Nun befürchten Beobachter den kompletten Bankrott eines der letzten halbwegs funktionierenden Bergbauunternehmen des Kongo. Die Armee Simbabwes, die die Diamantenfelder bewachte und selbst aus dem Diamantenexport Profit zog, ist im Rahmen des Friedensprozesses abgezogen, und es droht nun eine Invasion mittelloser Kleinschürfer, die die reichsten Vorkommen ausplündern. Die in den Diamantengebieten starke Oppositionspartei UDPS (Union für Demokratie und Sozialen Fortschritt) berichtet von „paralleler Förderung“ in den Diamantenminen durch private Teams im Auftrag der Firmendirektion, deren Erlöse dann an der Miba vorbeifließen. Die industrielle Förderung in Bergwerken ist für die Miba ohnehin finanziell immer schwieriger, sodass die Oberflächenförderung immer wichtiger wird – aber die auf diese Weise zugänglichen Diamantenvorkommen werden 2003 zur Neige gehen. Die Banken sind schon informiert. Mehrere Bankhäuser, darunter die Deutsche Bank, haben nach Informationen der taz Geldwünsche der Miba abschlägig beschieden.

FRANÇOIS MISSER