piwik no script img

american pieEishockeyfans bestaunen einen juvenilen Lemieux

Freie Bahn für Super-Mario

Der Name an der Spitze der Scorerliste der NHL kommt einem irgendwie bekannt vor, aber auch ein bisschen fehl am Platz: Mario Lemieux. Es ist lange her, dass der Eishockeystürmer von den Pittsburgh Penguins an dieser Position zu finden war, obwohl er sie früher jahrelang für sich gepachtet zu haben schien. Sechsmal war Lemieux Scorerkönig der NHL, bevor ihn Hodgkin’sche Krankheit, Rückenbeschwerden und ein dreieinhalbjähriger Ruhestand aus den höheren Regionen der Statististik verschwinden ließen. Auch als er vor knapp zwei Jahren wieder zum Schläger griff, blitzte das alte Genie nur sporadisch auf. In der vergangenen Saison bestritt er, von Hüftbeschwerden geplagt, nur 24 Ligapartien, sein Höhepunkt war der Gewinn der olympischen Goldmedaille in Salt Lake City. Auch dort war er jedoch spielerisch nur ein Schatten seines alten Selbst.

In der aktuellen, noch jungen NHL-Saison scheint Mario Lemieux jedoch voll da zu sein. „Er wirkt wieder wie ein kleiner Junge“, sagt Teamkollege Wayne Primeau. Mit seinen russischen Sturmpartnern Alexej Kowalew und Alexej Morosow fegt Lemieux durch die gegnerischen Reihen, dass es den Fans die reinste Freude ist. In den ersten fünf Partien schoss er bereits vier Tore und sammelte elf Scorerpunkte. Schon spricht man davon, dass er mit seinen 37 Jahren gut und gern der älteste Topscorer der NHL-Geschichte werden könnte, ein Rekord, den bislang Gordie Howe hält, der den Titel mit 35 erlangte. Sogar von der magischen 200-Punkte-Grenze ist die Rede, die bisher nur Wayne Gretzky schaffte. „Ich bin nicht mehr 25“, lacht Lemieux angesichts solcher Hoffnungen, „200 Punkte sind für jeden unerreichbar, aber wenn ich gesund bleibe – mal sehen, was passiert.“

Die wieder hergestellte Gesundheit, für die er in den letzten Monaten sogar auf das geliebte Golfspiel verzichtete, ist ein Grund für die Auferstehung des Superstars. Der andere ist eine Regeländerung, mit der die NHL offenbar eine Art Jackpot geknackt hat. Angeregt durch das rasante, offene und attraktive Spiel bei Olympia, konnten sich die Verantwortlichen zwar nicht zu radikalen Schritten, wie der Zulassung des Zweilinienpasses, durchringen, aber sie erließen ein „Obstruktionsverbot“ für die neutrale Zone. Das Halten, Hakeln, Sperren, mit dem minder begabte Spieler bislang in diesem Bereich die Stars des Gegners zu stoppen pflegten, ist jetzt untersagt, der positive Effekt unverkennbar.

Einer, der lange für eine solche Regel gekämpft hat, ist Mario Lemieux. Entsprechend zufrieden ist er über den späten Erfolg seiner Lobbyarbeit: „Man kann passen und sich freilaufen, so war das Spiel in den alten Tagen mal gedacht.“ Natürlich ist er auch einer derjenigen, die von der Sache profitieren. „Wenn du ihn nicht am Trikot halten und am Arm packen darfst, ist er den ganzen Abend frei“, sagt Penguins-Rechtsaußen Ian Moran, „wenn du ihn aber hältst, hast du ihn im Powerplay und das ist noch furchterregender.“

In Pittsburgh hofft man inständig, dass Gesundheit und Effektivität von Lemieux, der auch Teambesitzer ist und den Klub vor drei Jahren vor dem Bankrott rettete, lange anhalten. Schließlich hat das Team letzte Saison die Play-offs verpasst, eine Wiederholung dieser unschönen Erfahrung würde die Verhandlungsposition des Teams gegenüber der Stadt schwächen. Lemieux kämpft derzeit um die Finanzierung einer neuen Halle, die den „Igloo“, die Mellon Arena von 1961, ersetzen soll. Ohne moderne Spielstätte wird das Team, mit einer Gehaltssumme von 35 Millionen Dollar eines der ärmeren, kaum in der Stadt zu halten sein. Und zumindest solange Mario Lemieux spielt, würden die Bewohner einen Weggang der „Pens“ sehr schade finden. MATTI LIESKE

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen