Mann statt Frau

Die Frauen erkämpfen an Uni München eine Professur für Geschlechterforschung – und ein Mann hat sie bekommen

MÜNCHEN taz ■ Zum ersten Mal in knapp 30 Jahren ist an einer deutschen Universität ein Mann auf eine Professur für Geschlechterforschung berufen worden. Der Glückliche heißt Stefan Hirschauer und ist seit diesem Wintersemester an der Universität München zuständig für Soziologie und Gender Studies.

Die Entscheidung ist umstritten. Fraueninitiativen und Wissenschaftlerinnen hatten bereits vergangenes Jahr protestiert, als durchsickerte, dass Hirschauer wahrscheinlich das Rennen machen werde. „Für die Einrichtung der Stelle haben Frauen jahrelang gekämpft“, kritisiert die Münchner Gleichstellungsbeauftragte Friedel Schreyögg.

Das Argument, Hirschauer sei nun einmal besser qualifiziert, lässt Schreyögg nicht gelten. Die Verantwortlichen müssten sich fragen, nach welchen Maßstäben sie urteilen würden. Gerade in der Wissenschaft und gerade in Bayern würde Männern immer noch automatisch ein Exzellenzbonus eingeräumt. Die Entscheidung für Hirschauer sei ein Rückschlag. „Da wiehert die alte Geschlechterhierarchie“, meinte die Gleichstellungsbeauftragte.

Die Vorsitzende der Berufungskommission, Jutta Allmendinger, kann die Enttäuschung verstehen. „Auch ich wäre heilfroh über eine Kollegin gewesen“, sagt die Soziologieprofessorin. Aber: Die wirklich guten Frauen hätten sich auf die Stelle nicht beworben. Zudem sei es „unsinnig“, jemand nach dem Geschlecht auszusuchen. Andererseits findet sie es gut, dass die Geschlechterforschung jetzt keine Frauendomäne mehr ist, und hofft auf einen höheren Männeranteil. Dadurch würden Frauen motiviert, ihre Nische zu verlassen. „Frauen haben sich zu lange in diesem Bereich geklumpt und nur miteinander konkurriert.“

In Bayern gibt es nur 3 Professuren für Frauen- und Geschlechterforschung. Bundesweit sind 99 solcher Stellen eingerichtet, wovon 87 tatsächlich besetzt sind. Die Mehrzahl der ProfessorInnen beschäftigt sich laut offiziellem Titel mit „Frauenforschung“. Seit den 90er-Jahren setzt sich für die Wissenschaft über „Geschlechterverhältnisse“ und die „Konstruktion der Zweigeschlechtlichkeit“ der Begriff „Geschlechterforschung“ durch. EIKEN BRUHN