rebublik des geistes

Der Kritikerempfang

„Nur weil sie einmal hier waren, heißt das noch lange nicht, dass Sie immer wieder kommen können“, wurde auch in diesem Jahr wieder ein Journalist abgewiesen, der, den Tränen nahe, um Einlass bettelte. Der „Kritikerempfang“, zu dem der Suhrkamp Verlag traditionellerweise während der Frankfurter Buchmesse lädt, gehört zu den begehrtesten Veranstaltungen des Literaturbetriebs. Neben den Autoren des Verlags versammelt sich in den Räumen der Villa, in der Unseld wohnte, eine sorgsam ausgesuchte Runde von Feuilletonredakteuren und Literaturkritikerin. Hier wurde die Suhrkamp-Utopie einer kleinen, aber feinen Republik des Geistes gelebt: Rainald Goetz und Thomas Meinecke mischten sich unter altehrwürdige Suhrkamp-Autoren, schüchterne Debütanten wurden reihum vorgestellt und mussten Hände schütteln, während berühmte Literaturkritiker Hof hielten. Doch in diesem Jahr war alles anders: Kurzfristig war der Empfang wegen der angegriffenen Gesundheit Unselds von der Villa in das Verlagsgebäude verlegt worden. Der Verleger selbst ließ sich entschuldigen. Ulla Berkéwicz erklärte, ihr Mann sei von einer Operation am Herzen schwer mitgenommen: „Zum ersten Mal in seinem Leben nimmt Siegried Unseld sich Zeit für sich selbst.“ MEN