Rechnung für Abgebrannten

Vermutlich rassistisch motivierter Brandanschlag auf Imbisswagen vernichtete die Existenz eines türkischen Griechen. Jetzt soll er auch noch das Wrack entsorgen

Den Imbisswagen im brandenburgischen Lehnitz hatte Ismail D. gerade ein knappes halbes Jahr betrieben. Dann setzte ein Brandanschlag seinem Traum, sich durch Dönerverkauf in der knapp 2.500 Einwohner großen „Perle des Berliner Nordens“ eine Existenz aufzubauen, ein Ende. In der Nacht zum 4. Juli brannte der Wagen fast vollständig aus.

Heute beginnt vor dem Amtsgericht Oranienburg der Prozess gegen drei Männer im Alter von 19, 24 und 48 Jahren, denen die Staatsanwaltschaft Brandstiftung vorwirft. Die Ankläger vermuten, dass die mutmaßlichen Täter aus rassistischen Motiven gehandelt haben.

Für Ismail D. bedeutete der Verlust seines Standes den Ruin. Schließlich hatte er für den Wagen im Dezember 2001 rund 8.000 Mark (etwa 4.000 Euro) gezahlt. Knapp die Hälfte der Kaufsumme hatte der 43-jährige türkische Grieche aus Berlin zum Zeitpunkt des Brandes abbezahlt. Eine Brandschutzversicherung hatte sich Ismail D. nicht leisten können. So musste er seinen Stand beim Gewerbeamt des Landkreises Oranienburg-Land wieder abmelden. Seit Anfang September lebt er von knapp 350 Euro Sozialhilfe.

Nun droht ihm auch noch ein Bußgeld. Wenige Wochen nach dem Brandanschlag hatte ihn das Ordnungsamt Oranienburg-Land aufgefordert, das Wrack auf eigene Kosten zu entsorgen. Ismail D. schaltete daraufhin den Verein „Opferperspektive“ ein, der bislang erfolglos versuchte, das Ordnungsamt von seiner starren Haltung abzubringen. Weder der Verweis auf Ismail D.s prekäre finanzielle Situation noch die Tatsache, dass der Mann Opfer einer rassistischen Brandstiftung wurde, habe beim Amtsleiter bislang ein Umdenken bewirkt, kritisiert Opferperspektiven-Mitarbeiter Kay Wendel. „Hier wird ein Opfer doppelt bestraft“, so Wendel. „Warum macht die Behörde die mutmaßlichen Täter nach dem Prozess nicht für die Kosten haftbar?“

Beim Ordnungsamt versteht man die Kritik nicht. Man habe Ismail D. und der Opferperspektive mehrere Vorschläge zur kostengünstigen Entsorgung unterbreitet, verteidigt sich eine Mitarbeiterin der Behörde gegenüber der taz. Über die konkreten Schritte des Amtes nach dem Ablauf der Frist am 5. November sei noch nicht entschieden. Schriftlich zumindest wurden Ismail D. schon „Zwangsmaßnahmen“ angedroht. HEIKE KLEFFNER