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Rot-grüne Unklarheiten

Nur bei der Vermögensteuer und der Erbschaftsteuer ist die Koalition fein raus. Das Stimmengewirr, ob die 1997 abgeschaffte Vermögensteuer wieder eingeführt und die Erbschaftsteuer verschärft wird, hängt ausnahmsweise nicht an den rot-grünen Kämpen. Die beiden Steuern kommen nur den Ländern zugute – also sollten die auch die Initiative ergreifen. Die SPD-regierten Länder wollen es auf jeden Fall tun – etwa NRW, Niedersachsen und Schleswig-Holstein

Die Union gibt sich noch ablehnend, die Auguren freilich sagen: Die Steuerschätzungen im November und Mai werden ungeahnte Finanznöte offenbaren. Das heißt: Vermögen- und Erbschaftsteuer werden kommen. Ertrag: 3 bis 10 Milliarden Euro. Bundestag: muss zustimmen.

Auch die reduzierte Eigenheimzulage ist umstritten. Der staatliche Zuschuss soll künftig für Familien reserviert werden. „Personen ohne Kinder erhalten künftig keine Zulage“, verrät ein Konzeptpapier des Finanzministeriums.

Die Streithähne sitzen in der SPD und in den Ländern. Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) will den Entwurf verändern – denn der 10 Milliarden Euro teure Zuschlag sei eine Fehlinvestition.

Sein Kollege Bauminister Manfred Stolpe (ebenfalls SPD) bemängelt, dass die Bauwirtschaft unter der Reduzierung leide. Auch die Länder, SPD- wie CDU-regierte Länder, stehen auf der Seite Stolpes. Bundesrat: muss zustimmen. Das heißt: Über die Eigenheimzulage ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Erträge: ungewiss.

Auch die Ökosteuer wird Stammtische wie Feuilletons weiter erfreuen. Die Grünen würden sie ab 2004 gerne weiterentwickeln, sprich: neue, höhere Steuersätze eintreiben.

Der Finanzminister und seine SPD werden sich aber wohl damit begnügen, die bislang bestehenden Ausnahmeregelungen für das produzierende Gewerbe einzuschränken. Auch die Dreckschleudern sollen also künftig Ökosteuer zahlen.

Ausnahmen sind höchstens für kleine und mittlere Unternehmen möglich. Aber: Superminister und Grünenfresser Wolfgang Clement (SPD) passt die ganze Richtung nicht. Bundesrat: muss nicht zustimmen. Das heißt: Die Ökosteuer wird wohl irgendwie verschärft.

Die Situation bei Spenden für wohltätige, kulturelle und wissenschaftliche Zwecke ist demgegenüber erfreulich klar. Der Finanzminister hatte knapp verfügt, „dass künftig Spenden nicht mehr abziehbar sein sollen“.

Die Abschaffung des Spendenabzugs betraf die Körperschaften, also die großen Unternehmen. Der Kanzler selbst hatte diesen Passus der Koalitionsverhandlungen aber gekippt.

Das heißt: Bei Firmenspenden ist der Koalitionsvertrag zwischen Rot und Grün Makulatur. Ertrag: Der Staat hätte 200 Millionen Euro Mehreinnahmen verbucht.

Erste Einschnitte im Gesundheitwesen sollen schon zum Jahreswechsel zu Buche schlagen: Die bisher bekannten Pläne sehen Einsparungen von 1,4 Milliarden Euro zu Lasten der Pharmabranche vor, mit denen das geschätzte Krankenkassendefizit von 1,0 bis 1,5 Milliarden Euro Ende bis 2002 ausgeglichen werden sollte.

Auch das Sterbegeld soll um mehr als etwa 770 Millionen Euro gekürzt werden, die Pharmabranche zu Zugeständnissen gezwungen werden.

Über das Sparvolumen sei aber, so Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, noch keine endgültige Entscheidung gefallen. Es soll mehr als 1,4 Milliarden (Schmidt) und bis zu 3,4 Milliarden (Handelsblatt) betragen.

CHRISTIAN FÜLLER, ARNO FRANK

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