Die Schwierigkeit zu spenden

Im medialen Bann der Jahrhundertflut sammelten JVA-Gefangene aus Oslebshausen unter sich Geld für die Flutopfer. Es gibt nur ein kleines Problem: Die Spenden liegen noch immer im Anstaltstresor

„Auch wir Knackis haben ein Herz und können etwas für die Allgemeinheit tun.“

Mächtig arbeitete sich das Jahrhunderthochwasser der Elbe im August durch Deutschland. Medienwirksam überschwemmte es die Oper Dresdens, spülte sich durch die Keller und Innenstädte Dessaus und Wittenbergs und verendete schließlich vor den Toren Hamburgs. Der riesigen Flutwelle folgte ein Spendenaufruf -Feuerwerk auf allen Kanälen, und schon wuchs die nächste Welle: die der Hilfsbereitschaft. Auch die Insassen der Justizvollzugsanstalt (JVA) Oslebshausen fühlten sich animiert und begannen eifrig zu sammeln.

„Wir wollten zeigen, dass auch Knackis ein Herz haben und was für die Allgemeinheit tun können“, sagt Werner Dwinger von der Insassenvertretung. Er verteilte mit Hilfe der Anstaltsleitung und einigen Mithäftlingen – Bargeld ist im Knast nicht erlaubt – Einzugsermächtigungen. 1.395,74 Euro kamen auf diese Weise zusammen. „Damit hätten wir nicht gerechnet“, sagt Dwinger. Im Schnitt gab jeder Spender 15 Euro. Hoch zu bewerten, wie Michael Kümmel von der Anstaltsleitung meint: „Das Geld haben sich die Gefangenen in der Anstalt selbst erarbeitet.“ Dabei liegt der durchschnittliche Monatsverdienst bei nur 60 Euro. Die Spenden wurden von den Knacki-Konten abgebucht und landeten im sicheren Anstaltstresor. Doch wohin mit der Kohle? Noch immer liegt sie im Eisenschrank und setzt Staub, aber keine Zinsen an. Worüber sich die ersten beklagen: „Unmöglich, dass die das seit September nicht auf die Reihe kriegen“, schimpft einer der Spender.

Bald schon, beruhigt Kümmel, solle das Geld übergeben oder überwiesen werden. Und zwar an das Deutsche Rote Kreuz (DRK). Darauf hätten sich alle vor einigen Wochen geeinigt. DRK-Sprecher Werner Georgi nahm diese Nachricht gestern erstaunt, aber hocherfreut zur Kenntnis: „Davon wussten wir ja gar nichts. Ich finde es aber toll, dass so ein Haufen Geld von Leuten kommt, die immer klamm sind.“ Doch einfach so dem DRK Geld überweisen, das gehe eigentlich nicht, sagt Georgi. „Wir müssen schon wissen, was wir damit machen sollen“. In den nächsten Tagen wollen sich alle Beteiligten kurzschließen. Nächste Woche werden sie alle zur feierlichen Übergabe zusammenkommen: DRK, Knackis, Justizbeamte und 1.395,74 Euro. Und dann erreicht auch einer der letzten Ausläufer der Spendenwelle das Land der nassen Keller. Ole Rosenbohm