: Kain und Abel
Collage, Skulptur, Hörspiel: Die Ausstellung „Macht und Ohnmacht“ in der Barmstedter Galerie III präsentiert verschiedenartige Deutungen junger Künstler aus der Region
Es ist ein Wechselspiel, das alle Bereiche des Lebens tangiert. Ein Muster, das kaum jemand zu durchbrechen schafft, weil nicht nur Kräfteverhältnisse, sondern auch Eitelkeiten oft ein hierarchiefreies Zusammenleben und -arbeiten verhindern. Macht und Ohnmacht lautet der Titel einer Ausstellung in der Barmstedter Galerie III, idyllisch auf einer Insel im Barmstedter See neben einem verträumten Schloss gelegen, dessen Nachbargebäude das ehemalige Gefängnis ist. Bereits seit 1995, als die Künstler Karin Weißenbacher und Michael Krautzig die Räumlichkeiten übernahmen, werden Themenausstellungen junger KünstlerInnen aus der Region gezeigt. Und das ist selten im Kreis Pinneberg, wo im vergangenen Jahr Ex-Schmuddelkind Franz Josef Degenhardt einen Kunst-Förderpreis des Kreises verliehen bekam, während der Nachwuchs leer ausging.
„Wir haben uns acht Monate mit Macht und Ohnmacht auseinander gesetzt“, sagt Michael Krautzig, der an der Werkschau beteiligt ist. Das Resultat: Installationen, Skulpturen und Plastiken sowie Bild-Arbeiten und ein Hörspiel. „Ich wollte, dass sich die Besucher mit ihrer Zuschauerrolle bei gewalttätigen Szenen, nicht nur im Fernsehen, näher auseinander setzten“, sagt Thomas Eigen. Er konfrontiert den Betrachter gleich mit einer Installations-Szenerie: Zaunlatten, aus denen scherenschnittgleich Zuschauermengen herausragen, die ihre Köpfe auf eine Gewaltszene richten – eine große Monotopie en Collage.
Dieses Verstrickt-Sein zeigen auch Karin Weißenbacher und die Dichterin Gesa Johannsen. „Macht und Ohnmacht haben für mich auch mit tiefem Glauben an diese Hierarchie-Strukturen zu tun“, so Johannsen, die deshalb jeden ihrer Verse wie ein biblisches Bekenntnis beginnen lässt: „Ich glaube.“ Mit Axiomen befasst sich auch Weißenbachers keramische Plastik Kain und Abel. „Es gibt immer ein Oben und Unten, das religiös festgelegt ist. Manchmal lassen sich die Positionen schlecht unterscheiden und sind sogar austauschbar“, sagt die Barmstedterin zu dem qualvollen Ringen ihrer Figuren. „Mit der scheinbar so klaren Festlegung der Definition von Macht und Ohnmacht wollen wir den Besuchern auch Denkanstöße geben, wie eine Gesellschaft ohne diese Grenzen aussehen könnte“, so Krautzig.
MICHELLE KOSSEL
Di–Do 14–18 Uhr, Sa/So 12–18 Uhr, Barmstedter Galerie III, Schlossinsel Rantzau; bis 17. November
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