Boykott der IRA

Die nordirische Untergrundorganisation bricht den Kontakt zur internationalen Abrüstungskommission ab

BELFAST/BERLIN rtr/taz ■ Die Untergrundorganisation Irisch-Republikanische Armee (IRA) hat den Kontakt zur Internationalen Abrüstungskommission für Nordirland abgebrochen und damit für einen neuen Rückschlag im Friedensprozess gesorgt.

Der 1997 ausgerufene Gewaltverzicht bleibe jedoch weiter in Kraft, teilte die IRA in einer Erklärung an die Zeitung An Phoblacht mit. Für den Kontaktabbruch trage die britische Regierung die Verantwortung. Sie müsse jetzt dafür sorgen, dass wieder Vertrauen in den Friedensprozess gefasst werden könne. Großbritannien hatte Mitte des Monats die Selbstverwaltung Nordirlands ausgesetzt.

Die IRA hat in der Vergangenheit ähnlich demonstrative Schritte als Reaktion auf Krisensituationen im Friedensprozess unternommen. In Nordirland dürfte der Abbruch der Kontakte als taktisches Manöver mit Blick auf Verhandlungen interpretiert werden.

Die internationale Abrüstungskommission soll die Entwaffnung der proirischen und probritischen Extremisten überwachen, ein Kernpunkt des Karfreitagabkommens von 1998. In dem Konflikt um die Zugehörigkeit Nordirlands zu Großbritannien oder Irland wurden mindestens 3.600 Menschen getötet.

Ein Sprecher der Abrüstungskommission zeigte sich enttäuscht, äußerte aber die Hoffnung, dass die Kontakte so schnell wie möglich wieder aufgenommen werden. „Es ist seit Monaten offensichtlich, dass die IRA bei der Entwaffnung keine Fortschritte gemacht hat“, sagte David Trimble, Chef der suspendierten nordirischen Regierung. Der irische Justizminister Michael McDowell sagte gegenüber einem Rundfunksender, seiner Meinung nach handele es sich um einen unbdeutenden „taktischen Schritt“.

Der britische Nordirlandminister Paul Murphy bezeichnete die Entscheidung als „bedauerlich und enttäuschend“, aber nicht überraschend. „Der Premierminister hat deutlich gemacht, dass alle paramilitärische Aktivität beendet werden muss, wenn der Friedensprozess erfolgreich sein soll“, fügte er hinzu. Martin McGuinness von Sinn Féin bezeichnete gegenüber der BBC den Schritt der IRA als eine Reaktion auf die Suspendierung der Selbstverwaltung. Gleichzeitig betonte er, dass die vollständige Umsetzung des Karfreitagabkommens weiterhin das vorrangige Ziel sei.

Die britische Regierung hatte Mitte Oktober die nordirische Selbstverwaltung ausgesetzt, um ein Auseinanderbrechen der fragilen Provinzregierung zu verhindern, an der probritische Unionisten und proirische Nationalisten beteiligt sind.