Al-Motassadeq belastet

Angeklagter soll vorher von Anschlägen gewusst haben. Zeugenvernehmung vor Hamburger Gericht fortgesetzt

HAMBURG taz ■ Jedes Wort ist von Belang. Jeder Satz, den Mounir al-Motassadeq in den vergangenen Jahren vor Zeugen von sich gab, wird jetzt vor dem Hamburger Oberlandesgericht auf seine Bedeutung hin geprüft. Die Zeugen, die in dieser Woche vernommen werden, sollen Aufschluss darüber geben, ob der Marokkaner ein so fanatischer Islamist ist, dass er die Terroranschläge des 11. September aus religiösen Gründen unterstützt haben könnte.

Das wirft die Bundesanwaltschaft dem 28-Jährigen vor. Und gestern bekamen die Ankläger von einem ehemaligen Mitbewohner Motassadeqs tatsächlich einiges zu hören, woraus man eine Tatkenntnis interpretieren könnte. Mit diesem heutigen Ingenieur hatte Motassadeq bis Ende 1999 zusammengewohnt. Der Angeklagte habe damals zum Nahostkonflikt die Meinung vertreten, dass es „in Palästina niemals Frieden geben wird“. Vermutlich Ende 1997 oder Anfang 1998 will der Mitbewohner zufällig ein Gespräch Motassadeqs mit einem Bekannten mitgehört haben, in dem Motassadeq von Juden gesprochen und geäußert haben soll: „Sie wollen wieder etwas Größeres machen. Am Ende werden wir auf ihren Gräbern tanzen.“ Rund ein Jahr später sei er in eine Runde um den Küchentisch geplatzt, in der auch der spätere Todesflieger Mohammed Atta saß. Mounir habe dem Mitbewohner einen seiner Freunde lachend mit den Worten vorgestellt: „Das ist unser Pilot.“ Der Zeuge wusste aber nicht mehr, ob der so Präsentierte Atta war.

Andere Belastungszeugen der Anklage waren am Vortag zu Entlastungszeugen Motassadeqs geworden. Ein guter Freund sagte zum Indiz der BAW, dass Motassadeq das Testament Attas 1996 als Zeuge unterschrieben hatte: „Das ist im Islam ein allgemeine Sache.“ Ein ehemaliger Vermieter, der vor der Polizei behauptet hatte, Motassadeq würde „für seinen Glauben sogar seine Familie umbringen“, nahm das vor Gericht zurück: „Da bin ich wohl zu weit gegangen.“ E. SPANNER