Zweite Bremer Islamwoche

„Nur wer zuhört, kann auch antworten“. VertreterInnen aller Religionen suchen den besonderen „Bremer Dialog“. Nur die Christdemokraten von der Weser wollen lieber nicht mitreden

„Das ist Jesus, darunter steht Moses“, sagt der Drucker der Fatih-Moschee, rechts ist Mohammed, darunter David, das sind die vier Propheten, in der Mitte Allah.“ Die Wandschrift demonstriert Offenheit, und der Mann ist stolz darauf. In welcher christlichen Kirche hängt schon der Schriftzug Mohammeds, oder wenigtens Moses? Aber das sagt er nicht. Er lebt in Gröpelingen, mitten in Bremen, ist einer von 40.000 Muslimen in dieser Stadt.

Über den besonderen Bremer „Dialog mit dem Islam“ wurde gestern abend geredet. Esat Ünal von der Islamische Föderation Bremen war da, für die CDU stand „N.N.“ im Programm. Die Partei hatte ursprünglich zugesagt, dann kurzfristig abgesagt. Henning Scherf saß direkt neben dem Mann, den die CDU vom Dialog aussparen will. Der Bürgermeister sagte über die Absage der christlichen Partei: „Ich werbe dafür, dass wir mit den Menschen und nicht mit den Vorurteilen über die Menschen umgehen.“

Mustafa Güngör moderierte, ein perfekt deutsch sprechender junger Mann. Der 11. September brachte Unheil auch über die Muslime, sagte Nadeem Elyaas vom Zentralrat der Muslime in Deutschland. Die Reaktion: „Fehlendes Vertrauen ist nur durch den Dialog zu erreichen“, erklärte er. Am „Tag der offenen Moscheen“ hätten mehr Moscheen mitgemacht als im Jahr vorher. Er begrüßte sogar die Streichung des Religionsprivilegs im Vereinsgesetz. „Zum ersten Mal haben wir erlebt, dass ein Bundespräsident eine Moschee besucht, ein Freitagsgebet in deutscher Sprache wurde im Fernsehen gesendet.“ Terrorismus betreffe alle, stehe im Widerspruch zu jeder Religion. Die Bremer Islam-Woche sei ein Vorbild in Deutschland: Nirgends sonst habe der Bürgermeister die Schirmherrschaft übernommen und demonstriere so, dass er zu den Muslimen in seiner Stadt steht. „Diese Moschee ist ein Zeichen der Hinwendung zu Deutschland“, erklärte Ali Kizilyat vom Islamrat in Deutschland. „Wir haben keine andere Heimat mehr als Deutschland.“ Die Muslime sind keine Ausländer mehr.

Schon am Nachmittag waren trotz nasskalter Ungemütlichkeit zur Eröffnung der Islam-Woche etwa 200 Menschen auf den Domshof gekommen. In den kurzen Ansprachen beschworen alle VertreterInnen von Muslimen, evangelischen und katholischen ChristInnen, Aleviten und Jüdinnen und Juden die Gemeinsamkeiten ihrer Religionen und den Willen zum Dialog: „Wir wissen so wenig voneinander“.

In leisen Tönen deuteten Bürgermeister Henning Scherf und der Vertreterin der evangelischen Kirche, Brigitte Boehme, an, dass die Gültigkeit des Grundgesetzes oder des Koran als obere Instanz schwierig auszubalancieren ist. Aber beispielsweise darüber und über viele andere Fragen kann und wird sicherlich in dieser Woche zu diskutieren sein. K.W./ube