Koizumi erzielt Erfolg in Nordkorea

Zwischen Japan und Nordkorea ist eine Normalisierung der diplomatischen Beziehungen jetzt in greifbarer Nähe

TOKIO taz ■ Für Japans außenpolitisch unerfahrenen Ministerpräsidenten Junichiro Koizumi ist seine Nordkoreareise, die erste eines japanischen Regierungschefs überhaupt, zu einem diplomatischen Erfolg geworden. Koizumi und Nordkoreas Führer Kim Jong Il führten gestern nach Angaben von Teilnehmern in Pjöngjang von Anfang an ein offenes Gespräch und legten bei dem eintägigen Besuch zentrale Streitpunkte bei, die eine Normalisierung der diplomatischen Beziehungen behindert hatten.

Koizumi entschuldigte sich formell für Japans Kolonialherrschaft (1910 bis 1945) und sicherte Kim wirtschaftliche Aufbauhilfe zu. Dafür gestand dieser erstmals offiziell, dass Nordkorea Ende der 70er bis Mitte 80er JapanerInnen entführte und zur Ausbildung von Spionen einsetzte. Kim entschuldigte sich und versicherte, die Verantwortlichen seien bestraft worden.

Die Eltern der Entführten hatten sich in Tokio versammelt und waren erleichtert, endlich eine offizielle Antwort auf ihren jahrelang gehegten Verdacht zu erhalten. Trauer verbreitete sich jedoch, als bekannt wurde, dass von den offiziell elf Vermissten nur vier Überlebende in Nordkorea weilen. Sechs seien bereits verstorben, über eine weitere Person konnte Nordkorea keine Angaben machen. Näheres über den Verbleib der Überlebenden will Pjongjang laut Koizumi anlässlich der im Oktober beginnenden Verhandlungen zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen machen.

Dann wollen die beiden Staaten auch über die Höhe der japanischen Aufbauhilfe verhandeln. Als Japan 1965 mit Südkorea Frieden schloss, zahlte Tokio 500 Millionen US-Dollar. Pjöngjang forderte vor vier Jahren Reparationen von 13 Milliarden. Sicher ist, dass Tokio die Hilfe nicht unter dem Namen Reparationen leisten wird, da in konservativen Kreisen die Kolonialisierung Koreas immer noch als Verhinderung europäischer Eroberungszüge betrachtet wird. Koreaexperten schätzen, dass Tokio zehn Milliarden Dollar Wirtschaftshilfe für das notleidende Nordkorea bereitstellen wird.

Koizumi erhielt auch sicherheitspolitische Zusicherungen. Danach wird Pjöngjang das selbst auferlegte Moratorium für Raketentests verlängern und ist bereit, über Atompolitik und Raketenexporte mit allen betroffenen Staaten einschließlich den USA zu verhandeln. „Kim hat mich gebeten allen mitzuteilen, dass die Tür für einen Dialog mit den USA offen steht“, erklärte Koizumi in einer Live-Schaltung aus Pjöngjang. ANDRÉ KUNZ