Konflikt um Antiterror-Einsatz

Der Auftrag der KSK wird ums Töten erweitert. Verlängerung des Mandats in Gefahr?

BERLIN taz ■ Die Lektüre von Dementis aus dem Verteidigungsministerium verdient stets besondere Sorgfalt. Oft genug versteckt sich hinter einem lauten „Nein“ ein leises „Ja“. Doppeltes Hingucken empfiehlt sich bei Informationen zum geheimen „Kommando Spezialkräfte“ (KSK): So hingebungsvoll wie die KSK bemäntelt die Bundeswehr keine andere Einheit. Umso auffallender ist es, wenn das Ministerium Meldungen vom Wochenende nicht ausdrücklich widerspricht, wonach der Kampfauftrag des Geheimtrupps in Afghanistan erweitert wurde: In Zukunft sollen die hundert Mann nicht nur Aufklärung und Feindbeobachtung betreiben, sondern die Feinde auch persönlich töten.

Einen Bericht der FAZ am Sonntag über den Neuzuschnitt des Auftrags bezeichnete ein Sprecher gestern als „Überinterpretation“ – im Klartext: Wir würden es so nicht nennen, aber falsch ist es nicht. Eine indirekte bestätigung kam auch von Verteidigungsminister Peter Struck selbst. Der SPD-Politiker hatte der Zeitung gesagt, der deutsche Anteil am Kampf gegen Reste von Al-Qaida- und Taliban-Gruppen „werde im Rahmen der Gesamtoperation ständig überprüft und angepasst, um einen noch eigenständigeren Beitrag zu leisten“.

Heikel ist diese Mitteilung vor allem angesichts der Mitte November anstehenden Verlängerung von „Enduring Freedom“, dem Bundestagsmandat für den Antiterrorkampf der Bundeswehr. Beim letzten Mal hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder die Zustimmung in den Reihen der Koalition nur mittels der Vertrauensfrage sichern können – und darob den Bruch von Rot-Grün riskiert. Der FDP-Fraktionsgeschäftsführer Jürgen Koppelin kritisierte am Wochenende bereits, es sei „nicht zu akzeptieren, dass die Bundeswehr den Auftrag von direkten Kampfeinsätzen gegen Al-Qaida erhalten hat, ohne dass darüber der Deutsche Bundestag unterrichtet wird, sondern diese Unterrichtung voraussichtlich erst in der kommenden Woche stattfindet.“ Auch decke der bisherige Bundestagsbeschluss keine direkten Kampfeinsätze.

Verteidigungsminister Struck und Außenminister Joschka Fischer wollen am morgigen Dienstag die Fraktionen von SPD und Grünen auf die Verlängerung von „Enduring Freedom“ einschwören. Ein halbes Dutzend Grüner gelten als potenzielle Kriegsverweigerer. Bei einer Mehrheit von nur vier Stimmen könnte Rot-Grün schnell ohne eigene Mehrheit dastehen – auch wenn die Union für die Verlängerung stimmen wird. Um die symbolische Niederlage zu vermeiden, setzen die Koalitionsspitzen auf die Massage des Gewissens skeptischer Abgeordneter sowie den Appell an die höhere Koalitionsvernunft. „Spiegel Online“ brachte die Doppelstrategie auf eine schöne Formel: „Kneten und beten“.

PATRIK SCHWARZ

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