Steffel weiter unter Druck

Auch von CDU-Landeschef Christoph Stölzl kommt Kritik an Fraktionschef Frank Steffel: Dessen Diagnose von „Klientelpolitik“ der Diepgen-Ära sei falsch und habe überflüssigen Streit ausgelöst

von STEFAN ALBERTI

Christoph Stölzl ist vorsichtiger geworden. Zitate aus Gesprächen mit ihm mag der früher oft locker daherredende CDU-Landeschef lieber vorher noch mal hören. Das hat seinen Grund. Worte liegen in der Berliner Union derzeit auf der Goldwaage. Vor allem nach einem jüngsten Papier von Fraktionschef Frank Steffel, das von „Klientelpolitik“ zu Zeiten der Diegen-CDU spricht. Falsch sei der Begriff, sagt Stölzl. „Er hat nur zu Streit geführt, den man sich hätte sparen können.“

Am Tag nach den bislang schärfsten Attacken auf das Papier und auf die Person von Steffel, aber auch auf den erst im Mai gewählten Landesparteichef verwies Stölzl auf die Satzung der Partei. „Die Fraktion soll sich vorrangig mit tagesaktueller Fraktionspolitik beschäftigen, die Landespartei mit langfristigerer Parteipolitik“, sagte er der taz. Das Steffel-Papier sei „ein Baustein unter vielen“ zur Zukunft der CDU, der in einen Leitantrag zum Parteitag im Frühjahr einfließen solle, so Stölzl.

Der ehemalige Regierende Bürgermeister und CDU-Landeschef Eberhard Diepgen hatte am Wochenende gegen die heutige Führung der Union ausgeholt: Ein Nachfolger müsse zwar seinen eigenen Weg suchen. „Konzeptionelle Schwäche führt allerdings dazu, dass in der Sucht nach Abgrenzung jedes Augenmaß verloren wird“, sagte er. Zuvor hatte sein früherer Wirtschaftssenator Elmar Pieroth das Führungsduo kritisiert und einen Import von der Bundeebene gefordert. Steffel sagte, die Diepgen-Generation sei aufgerufen, „mitzuhelfen, nicht, Knüppel zwischen die Beine zu werfen“.

Am Wochenende hatten sich auch mehrere Steffel-Kritiker in bislang einmaliger Weise öffentlich gegen den Fraktionschef geäußert und nicht unter den sonst üblichen Verschleierungen wie „ein Kreisvorsitzender“ oder „aus Fraktionskreisen“. Neuköllns CDU-Chef Wolfgang Branoner nannte dabei Exsenator Peter Kurth als möglichen Steffel-Nachfolger.

An eine Ablösung Steffels in den nächsten Wochen glauben zwar auch seine Kritiker nicht. Sie sehen aber Bewegung in der Fraktion. „Es gibt zwar noch eine Mehrheit für ihn, aber die bröckelt“, ist aus ihrem Lager zu hören. Für eine Abwahl wäre eine Zweidrittelmehrheit notwendig, bei einer Vertrauensfrage reicht eine einfache Mehrheit.

Seine eigene Zukunft ließ Landeschef Stölzl gestern offen. Die Frage stelle sich jetzt nicht, da er gerade erst mit der Programmarbeit habe beginnen können. Erst zum Parteitag im Mai 2003 will Stölzl entscheiden, ob er wieder für den Vorsitz kandidiert – „dann werden wir sehen, wie die Partei mit mir zufrieden ist und auf welche Erfahrungen ich nach einem Jahr zurückblicken kann.“