Hartz per Eilpaket

Erste Hartz-Gesetze diese Woche im Bundestag. Ab Januar sollen die Arbeitslosen rotieren: Per Leiharbeit will Clement seinen Etat sanieren

BERLIN taz ■ „Atmen“ soll die Arbeitsvermittlung der Zukunft nach dem Wunsch des Arbeitsministers – er allerdings hechelt eher. Nach Mammutsitzungen der Fraktionen stellte Wolfgang Clement gestern am späten Nachmittag das Hartz-Gesetzesvorhaben im Eiltempo vor. Die Milliarden wirbelten nur so – und das aus gutem Grund: Um 6 Milliarden Euro sollen die Gesetze seinen Haushalt erleichtern.

Das erste Paket soll nicht zustimmungspflichtig und deshalb noch in diesem Jahr unter Dach und Fach sein. Dazu gehört die Kooperation der Arbeitsämter mit Leiharbeitsfirmen, den Personal-Service-Agenturen. Ab Januar soll es losgehen. Die Bedingungen der Gewerkschaften wurden dabei halb erfüllt. Alle Zeitarbeitsfirmen müssen sich in Zukunft zu „Equal Pay“ verpflichten, also dazu, den Lohn des Entleihbetriebes zu zahlen. Allerdings gibt es Ausnahmen. Bis zu sechs Wochen (Einarbeitungszeit) kann ein Arbeitslosengeldersatz gezahlt werden. Und für schlecht Vermittelbare können die Betriebe Extratarife aushandeln. Alle bisherigen Gesetze zur Leiharbeit entfallen dafür.

Ebenfalls Anfang 2003 soll die Vermittlungsgeschwindigkeit erhöht werden: Man muss sich sofort arbeitslos melden und noch im alten Job anfangen, etwas Neues zu suchen. Junge und Ledige müssen lange Pendelwege in Kauf nehmen. Arbeitslose ab 55 Jahre können einen Lohnzuschuss bekommen, wenn sie einen schlechter bezahlten Job annehmen. Auch das umstrittene Brückengeld soll für den Fall kommen, dass sie sich joblos aus der Statistik streichen lassen – es soll die Hälfte des Arbeitslosengeldes betragen.

Nicht ganz so schnell, aber noch im nächsten Jahr soll die Ich AG auf den Weg gebracht werden. Das Kleinstgewerbe (Einkommensgrenze 25.000 Euro) soll mit einer pauschalen Sondersteuer belegt werden, über deren Höhe der Finanzminister noch ebenso brütet wie über der steuerlichen Förderung für das Hausmädchen, das bis 500 Euro verdienen darf und nur 10 Prozent Sozialabgaben zahlt.

Ab dem 1. 1. 2004 soll nach Clements Willen das Arbeitslosengeld II die Arbeitslosen- und Sozialhilfe für erwerbsfähige Arbeitslose ersetzen. Wie schon vorher gemunkelt, gelten hier verschärfte Bedingungen: Vermögen von Partnern werden ebenso angerechnet wie das eigene liquide Vermögen. Nur ein Freibetrag von 26.000 Euro bleibt erhalten – die Hälfte des jetzigen Freibetrags.

Zumindest bei Minijobs und Ich AG hat der Bundesrat mitzureden. Die ersten Maßnahmen aber, wie Zeitarbeit und Zumutbarkeitskriterien, werden am Donnerstag in erster Lesung im Bundestag verhandelt. Sie sollen – samt Fachanhörung – bis Weihnachten verabschiedet sein. Bis dahin wird die Regierung mit Sicherheit eins sein: außer Atem.HEIDE OESTREICH