Kaum verändert

Anhörung im Bezirk Nord: Güterumgehungsbahn bald doppelt so laut. Trotzdem keine Aussicht auf Lärmschutz

Wird die Güterumgehungsbahn in Hamburgs Norden wie von der Bahn geplant ausgebaut, verdoppelt sich für die Anwohner der Lärm. Dieser Schluss drängt sich nach einer Anhörung des Bauausschusses Nord zu dem Vorhaben auf. Die Aussicht auf Lärmschutzbauten für die Anwohner in Barmbek, Alsterdorf und Groß Borstel ist dennoch gering.

Die Deutsche Bahn will sich mit der Sanierung und dem Ausbau der Güterumgehungsbahn auf das für die kommenden Jahren erwartete starke Wachstum des Güterverkehrs einstellen. Wie berichtet, will sie von Rothenburgsort bis Horn ein zweites Gleis verlegen. Dafür müssen alle acht Eisenbahnüberführungen in diesem Abschnitt ersetzt und eine Straßenüberführung neu gebaut werden. Von Horn bis kurz vor Eidelstedt soll nur das bestehende Gleis saniert werden. Außerdem wird der Bahnhof Eidelstedt umgebaut.

Die Ertüchtigung der Strecke soll es nach Wunsch der Bahn möglich machen, Güterzüge mit 80 Stundenkilometern über die Gleise zu jagen, statt mit 60 oder gar nur 30 Stundenkilometern wie zurzeit an einigen Stellen in Rothenburgsort. Außerdem sollen mehr Züge fahren als bisher: Die Bahn peile für 2010 täglich 105 Züge in beiden Richtungen zusammen an, sagte Projektleiter Werner Bönisch von der DB Netz im voll besetzten großen Saal des Bezirksamtes Nord. Zurzeit sind es 37.

Die Folgen sind auch dem Lärm-Experten der Bahn, Stefan Carstens, klar. „Das wird natürlich exorbitant mehr werden“, räumte er ein. Eine grobe Rechnung lasse bei 100 Zügen täglich von durchschnittlich 600 Metern Länge und einer Geschwindigkeit von 80 Stundenkilometern 70 Dezibel (dB(A)) Lärm erwarten. Die Rechnung für den heutigen Zustand ergibt 60 Dezibel. Zehn Dezibel Differenz hören sich nach Angaben des Lärmkontors für Menschen so an, als sei es doppelt so laut. Wolfgang Jäger aus Groß Borstel verwies auf die Krankenhäuser und das Hospiz an der Strecke: „Da erwarten Sie den Tod – und wer kommt: die Güterbahn!“

Als Lärmgrenzwerte gelten nach der Verkehrslärmschutzverordnung in Wohngebieten und Kleinsiedlungen 59 Dezibel tags und 49 Dezibel nachts. Das gilt allerdings nur „für den Bau oder die wesentliche Änderung von öffentlichen Straßen und Schienenwegen“, in den Augen der Bahn daher nicht für den Abschnitt Horn – Eidelstedt.

Eine Möglichkeit, Lärmschutz zu erhalten, hätten die Anwohner über das Lärmsanierungsprogramm des Bundes, sagte Carstens. Dieses werde aber zunächst auf noch stärker belastete Strecken angewandt. Horst Balzen vom Dachverband der Bürgerinitiativen gegen Fluglärm (BIG) empfahl den Anwohnern, ein Planfeststellungsverfahren für den Abschnitt Horn-Eidelstedt einzuklagen. Dann müssten die Grenzwerte der Lärmschutzverordnung berücksichtigt werden. Gernot Knödler