„Rückenwind trotz Flaute“

Marktstudie zum ethisch-ökologischen Investment: Der nachhaltige Kapitalmarkt ist aus seiner Nische herausgewachsen. Die Bedeutung von Umweltaktien und Umweltfonds nimmt immer weiter zu. Die Mittelzuflüsse stiegen um mehr als 33 Prozent

„Nachhaltiges Wirtschaften ist nicht mehr auf einige Branchen beschränkt“

Das Fazit ist treffend: „Rückenwind trotz Flaute“ – so wird zu Zeiten der weltweiten Börsenkrisen das Ergebnis der diesjährigen und damit dritten „Marktstudie zum ethisch-ökologischen Investment“ zusammengefasst. Erstellt wurde sie von Ecoreporter.de im Auftrag des Öko-Zentrums NRW.

Seitdem in den 70er- und 80er-Jahren das Umweltbewusstsein wuchs, heißt es darin, stieg auch das Interesse an ökologischem Investment. Zur populärsten Form, Geld im grünen Bereich anzulegen, habe sich zunächst die Direktbeteiligung an Windkraftprojekten entwickelt. Doch seit 1999 „ist der nachhaltige Kapitalmarkt aus seiner Nische herausgewachsen und die Bedeutung von Umweltaktien und Umweltfonds nimmt immer weiter zu“. Die jetzige Generation habe erkannt, so die Studie, dass durch den Ausschluss von Umweltrisiken mehr Sicherheit, Ertrag und Rendite erreicht werden könnten. „Nachhaltiges Wirtschaften ist nicht mehr nur auf einige Branchen beschränkt, sondern breitet sich auf dem gesamten Markt aus.“

Die Zahl der Börsengänge in 2001 lässt darauf jedoch zunächst keine Rückschlüsse zu: Sie hat sich im Vergleich zu den Vorjahren stark verringert. Waren es 1999 noch 153, gingen ein Jahr darauf nur mehr 139 Unternehmen an die Börse. Und im vergangenen Jahr reduzierten sich die Ambitionen, auf diese Weise in Deutschland öffentlich Kapital zur weiteren Finanzierung der Geschäfte zu akquirieren, auf magere 23. Aber: „Von den 23 Börsengängen zählen 8 zum Umweltbereich“ – mithin rund 25 Prozent. Davon wiederum seien 5 der Unternehmen im Gebiet der erneuerbaren Energien tätig.

Auffällig seien die Zahlen, die sich aus dem Vergleich des geplanten Volumens der Kapitalakquise beim Börsengang mit dem realisierten Volumen ergeben. So waren 323,6 Millionen Euro geplant. Davon wurden 290 Millionen Euro tatsächlich erreicht. Damit blieben also, so die Zusammenfassung, trotz des schlechten Börsenjahres 2001 die Einnahmen nur etwa ein Zehntel hinter den Planungen zurück.

Betrachtet man die Mittelzuflüsse in börsennotierte Umweltaktien, sieht der Markt schon wesentlich agiler aus. So wurden im Umweltbereich im vergangenen Jahr 2001 insgesamt 18 Kapitalerhöhungen durchgeführt (einschließlich der 8 Börsengänge). 10 Unternehmen kamen aus dem Bereich der erneuerbaren Energien. Das geplante Gesamtvolumen belief sich auf 553 Millionen Euro. Tatsächlich erreicht wurden 507 Millionen Euro. Im Vergleich zum Vorjahr stellt diese Zahl beinahe eine Verdoppelung der Summe dar, die durch Kapitalerhöhungen eingenommen wurde (282,3 Millionen). Betrachtet man dazu noch das Jahr 1999, wird die enorme Steigerung innerhalb kürzester Zeit deutlich: Seinerzeit flossen rund 118 Millionen Euro durch Kapitalerhöhungen an die Unternehmen. Geht man noch ein weiteres Jahr zurück, lässt sich feststellen, dass sich diese Summe innerhalb von nur vier Jahren mehr als verzehnfacht hat: 1998 betrugen die Mittelzuflüsse in börsennotierte und umweltorientierte Firmen nur 40,7 Millionen – allerdings ist dabei zu bedenken, dass es seinerzeit noch nicht so viele Firmen in diesem Segment gab.

Demgegenüber stieg im vergangenen Jahr bei den außerbörslich gehandelten grünen Aktien die Zahl der Neuemissionen auf 26 an. Für 2001 war geplant, auf diesem Wege 83,1 Millionen Euro einzunehmen. Realisiert wurden 58 Millionen Euro, also etwa 68 Prozent. Im Jahr zuvor flossen 50 Millionen Euro in außerbörslich gehandelte Aktien bei 21 Neuemissionen. 1998 waren es rund 10 Millionen Euro weniger, wobei es 1999 dann einen Einbruch mit 27,6 Millionen Euro in diesem Segment gab. Doch entschieden sich zu der Zeit wohl viele Anleger, eher in börsennotierte Unternehmen zu investieren. Bei den außerbörslich gehandelten Aktien zählen sich der Studie zufolge 22 von 55, bei den börslichen 13 von 34 Aktiengesellschaften zu dem Bereich der erneuerbaren Energien. „Dieser Bereich wird für die Zukunft als Primärenergiequelle mit höchster Wachstumsrate gesehen.“

Ein Resümee der Untersuchung: Die Mittelzuflüsse (vor allem bei den börslich notierten Aktien) stiegen im Vergleich zum Vorjahr stark an, der Trend geht offenbar hin zu börsennotierten Umweltaktien, und der Großteil der bestehenden Aktien kommt aus dem Bereich der erneuerbaren Energien.

Schaut man sich die Zahlen bei den Fonds an, geht zumindest aus der vorliegenden Kurzfassung der Studie hervor – die Langfassung lag bis Redaktionsschluss nicht zur Rezension bereit –, in welchen Bereichen die untersuchten Fonds sich bewegten. Die Bandbreite erstreckte sich von strengen ethisch-ökologischen Investmentfonds bis hin zu solchen, die nach dem „Best-in-Class“-Prinzip gemanagt werden. Dabei kann sich der Anleger auch Firmen ins Portfolio kaufen, die mit strengen Ökokriterien nichts mehr zu tun haben: Es werden die jeweils „besten“ Unternehmen ihrer Branche dem Fonds beigemischt, was über die Qualität in Sachen Umwelt, Ethik oder Nachhaltigkeit nichts aussagt.

Anhand der Kurzfassung lässt sich nur ablesen, dass die Zahl der hier als „grün“ bezeichneten offenen Fonds in 2001 gegenüber 2000 um 53 Prozent anstieg (von 32 auf 49), deren Volumen um 48 Prozent (von 1,63 auf 2,41 Milliarden Euro) und die Mittelzuflüsse – also die tatsächlichen Neuinvestitionen – um 25 Prozent (von 790 auf 988 Millionen Euro). Zum Vergleich: 1998 gab es lediglich 12 solcher Fonds. Ein Vergleich der Fondszahlen von 2000 mit denen von 2001 zeigt also, dass auch grüne Fonds sich immer weiter etablieren.

Bei den geschlossenen Fonds wird der Anleger durch den Kauf eines Fondsanteils zum Miteigner am Fondsvermögen. Einen Markt für den Handel mit solchen Anteilen gibt es kaum. 2001 wurden laut Studie insgesamt 78 geschlossene grüne Fonds angeboten: 74 Wind-, 2 Solar-, 1 Immobilien- und 1 Risikokapitalfonds.

Zusammenfassend erkennen die Verfasser der Studie bei der Entwicklung von Aktien und Fonds „die Dynamik des Marktes und ein gestiegenes Vertrauen der Anleger in grünes Investment“. Die Mittelzuflüsse stiegen demnach von 2000 auf 2001 um insgesamt über 33 Prozent.

Trotz der hohen Steigerungsraten bei den Mittelzuflüssen habe es jedoch auch im Bereich des grünen Geldes Probleme und Risiken gegeben. So habe, wer 2000 und 2001 in dieses Segment neu investieren wollte, „oftmals zu hohen Aktienkursen“ einsteigen müssen. „Das war riskant“, so die Studie, denn „Kursabstürze drohten und drohen noch“. Auch sei der Markt des grünen Geldes „kein Geheimtipp“ mehr, bei dem sich „die gute Tat mit extremen Gewinnchancen verbinden lässt“ – dafür seien die Aktienkurse 2001 „in zu hohe Regionen enteilt“. Grünes Geld – von Laien und Profis lange belächelt – scheint also auf gutem Wege zu sein, sich als eine neue „klassische Anlageform“ zu etablieren. ANDREAS LOHSE

Marktanalyse Grünes Geld, erarbeitet von Ecoreporter.de im Auftrag des Öko-Zentrums NRW und herausgegeben von der Deutschen Messe AG, Hannover, 74,80 €. Info und Bezug beim Öko-Zentrum NRW, Sachsenweg 8, 59073 Hamm, Telefon (0 23  81) 3 02 20-0, Fax 3 02 20 30, www.gruenes-geld.de