Vater Staat gegen Väter

Ausländerbehörde gegen binationale Paare: Nigerianer wird kurz vor der Geburt seiner Tochter in Abschiebehaft genommen. Ghanaischer Mann soll ausgewiesen werden, obwohl seine deutschen Kinder dann in ein Heim müssten

von HEIKE DIERBACH

Dass er sich zu seinem Kind bekennen wollte, wurde ihm zum Verhängnis: Die Hamburger Ausländerbehörde hat einen Nigerianer kurz vor der Geburt seiner Tochter in Abschiebehaft genommen. Einen Ghanaer, der mit einer Deutschen verheiratet ist, will die Behörde ausweisen, obwohl seine beiden Kinder dann ins Heim müssten, weil seine Frau psychisch schwer krank ist.

Iyke Orumude Nnachi kommt im September 2000 nach Hamburg. Weil sein Asylantrag abgelehnt wird, beantragt er unter falschem Namen eine Duldung. Im April 2001 lernt der 31-Jährige in einer Disko Anja Klöcking aus Bremerhaven kennen. Im Juli des Jahres werden die beiden ein Paar, im Januar 2002 wird die 34-jährige Frau schwanger. Sie hat schon drei Kinder im Alter von eineinhalb, zehn und 14 Jahren. Um das gemeinsame Sorgerecht zu beantragen, geht das Paar Mitte Oktober zum Jugendamt in Bremerhaven. Das war ihr Fehler.

Die Sachbearbeiterin auf dem Amt verlangt noch ein Dokument, Anja Klöcking fährt nach Hause, um es zu holen. Währenddessen ruft die Sachbearbeiterin die Polizei. Nnachi wird verhaftet, den Eineinhalbjährigen, für den er der „Daddy“ ist, muss er notgedrungen mit auf die Wache nehmen. Der Nigerianer kommt zwar wieder frei, aber lediglich mit der Auflage, in Hamburg seine Papiere in Ordnung zu bringen.

Er meldet sich umgehend bei der Hamburger Ausländerbehörde – und wird ins Abschiebegefängnis Glasmoor gebracht. „Ich war daraufhin total am Ende“, erzählt Anja Klöcking. Ihre Rechtsanwältin Gerda Baudisch-Cimen versucht per Eilantrag, Nnachi zumindest für die Geburt aus der Haft zu bekommen. Aber das Hamburger Verwaltungsgericht lehnt dies ab: Zwar sei nach Auskunft der Ärzte bei der werdenden Mutter eine „unberechenbare und schwerwiegende Krise“ zu befürchten. Doch dieser könne durch „geeignete therapeutische Maßnahmen“ begegnet werden.

Am 30. Oktober bringt Anja Klöcking ihre Tochter ohne den Vater in Bremerhaven zur Welt. Noch aus dem Kreißsaal ruft sie ihre Rechtsanwältin an, dass Nnachi jetzt Vater eines deutschen Kindes ist. „Dadurch hat er eigentlich einen Rechtsanspruch auf Aufenthalt“, sagt Baudisch-Cimen.

Die Hamburger Ausländerbehörde sieht das anders: „Herr Nnachi hat gegen das Ausländerrecht verstoßen und muss deshalb erstmal ausreisen“, sagt Sprecher Norbert Smekal. In Nigeria könne er dann ein Visum zur Wiedereinreise beantragten. Dessen Bearbeitung „kann schon mal drei Monate dauern“ – und theoretisch könne das Visum auch verweigert werden.

Gestern ist Anja Klöcking nach Hamburg gekommen, um ihren Partner in der Abschiebehaft zu besuchen. Und um ihm seine Tochter zu zeigen. Wann er sein Kind wiedersieht, ist ungewiss.

Das gilt auch für Peterkwane Osei aus Ghana. Auch er sitzt derzeit in Abschiebehaft, weil er früher bei der Behörde einen falschen Namen angegeben hat. Osei ist seit drei Jahren mit einer Deutschen verheiratet. Sie leben in Fuhlsbüttel, haben gemeinsam ein dreijähriges Kind. Zur Familie gehört auch noch ein Vierjähriges aus einer früheren Beziehung der Frau.

Da diese aber schwer psychisch krank ist, hat Osei die Verantwortung für beide Kinder häufig allein. Als er Anfang Oktober in Abschiebehaft kommt, erleidet seine Frau eine so schwere Krise, dass sie die Kleinen gar nicht mehr versorgen kann. Das Jugendamt wird zuständig, schickt die beiden erstmal auf eine Kur.

Aber diese ist bald zu Ende. Was dann? Die Behörde beharrt darauf, Osei abzuschieben. Wie Nnachi soll der Ghanaer erst ausreisen und dann in der Heimat ein Visum beantragen. Seine Kinder müssten so lange ins Heim.