Mit Saddam niemals!

betr.: „Gegen die ‚Achse der Desinformationen‘ “ (Bericht über zwei Konferenzen zum möglichen Irakkrieg), taz vom 2. 11. 02

Die Menschenrechte werden zur Rechtfertigung von Kriegen missbraucht bzw. von den Kriegsbefürwortern nur dann ins Feld geführt, wenn dies opportun erscheint. Ich denke jedoch, dass die Friedensbewegung zu den Menschenrechten ein prinzipielles und kein taktisches Verhältnis haben muss. Das bedeutet, dass die erforderliche Kritik am bevorstehenden Krieg der USA gegen den Irak nicht dazu führen darf, zu den brutalen Menschenrechtsverletzungen im Irak zu schweigen. Da ist der Beifall auf dem Berliner Irakkongress für den irakischen Botschafter geradezu eine Verhöhnung der Opfer des Bagdader Regimes.

Saddam wird – da befinde ich mich im deutlichen Gegensatz zu einigen altkommunistischen Strömungen – nicht zum objektiven Antiimperialisten, nur weil er vom Imperialismus bedroht wird. Ich finde es beispielsweise unerträglich, wenn sich der geschätzte Fidel Castro zum Bündnispartner von Saddam Hussein macht.

Was mir gegen die Hutschnur geht ist, dass die Initiatoren und Teile des Umfeldes des Berliner Irakkongresses beharrlich zu den Verbrechen des Regimes schweigen. Es ist doch ein Skandal, dass dort auf dem Podium kein einziger Vertreter der irakischen Opposition sitzt und stattdessen Saddams Botschafter aus London und sein Gefolgsmann aus dem Hamburger Orientinstitut.

Der Antisemitismus ist leider auch unter Linken und auch bei Leuten in der Friedensbewegung vorhanden. Diese Tatsache darf im Sinne einer offenen und selbstkritischen Debatte nicht tabuisiert werden. Wir müssen den Antisemitismus bekämpfen, weil er dazu dient, Hass unter Menschen zu säen und Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Krieg zu fördern.

Es muss auch darüber gesprochen werden, dass die Initiatoren des Berliner Kongresses mit solchen dubiosen Organisationen wie der Deutsch-Arabischen Gesellschaft (= Möllemann) und Deutsch-Irakischen Gesellschaft (= Baathisten) zusammenarbeiten. Da kann IPPNW, Attac oder sogar der Papst persönlich mit auf dem Podium sitzen: Mit solchen Organisationen darf man nicht zusammenarbeiten. Mit Saddam gegen die USA? Niemals!

MATHIAS KOHLER, Mannheim

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