Fahrstuhlsuche in der Fremde

Wieder einmal gewinnt der HSV vor eigenem Publikum und hofft nun auf eine Fortsetzung der Siegesserie in der Ferne. Das mühsame 1:0 gegen 1860 München stimmt mutiger auf dem langsamen Weg aus der Abstiegszone

„Na, sauber!“, zischte der korpulente Mann mit dem Trachtenhut kurz in die schon voll besetzte Aufzugskabine. Nein, es war nicht der Tag der Blauen aus München – weder für Präsident Karl-Heinz Wildmoser bei der Fahrstuhlsuche noch für seine 60er im Spiel auf dem Platz.

Gästecoach Peter Pacult attestierte seiner müden Mannschaft nach dem Pokal-Match unter der Woche zwar eine „sehr gute Leistung“. Aber das war eher höhere Trainer-Psychologie, die fürsorgliche Milde walten ließ. Gewiss, die Partie hätte anders laufen können, hätte der HSV bei einem Stellungsfehler von Hoogma und einem von Ujfalusi abgefälschten Lauth-Passversuch nicht „das Glück des Stangenschusses“ (Trainer Kurt Jara) gehabt. Und 60-Torwart Jentzsch verwies später trotzig auf „Großchancen“ im zweiten Durchgang: Schroth nutzte wiederum einen Hoogma-Schnitzer nicht, während Weissenberger einen Effet-Schuss kurz vor Ende über den Winkel drehte.

Derweil konnte Kurt Jara entspannt registrieren, dass sich mit dem 1:0-Sieg gleich zwei Personalprobleme entschärft haben. Auch HSV-Sportchef Dietmar Beiersdorfer war „überrascht, dass Rodolfo Cardoso schon volle 90 Minuten Gas geben kann.“ Was in sofern zu relativieren ist, als der Argentinier nach 75 Minuten vergeblich um seine Auswechslung bat. Bis dahin aber konnte der Ballästhet mit dem kritischen Knie beweisen, wie wertvoll er für den HSV immer noch sein kann. Klar, dass er auch den Treffer des Tages vorbereitete: Landsmann Romeo nickte seine Freistoßflanke ein, während sich die 60er-Abwehr in der 30. Minute eine Mütze Schlaf gönnte.

Planen kann und will Jara mit Cardosos indes nicht, sondern nur „von Tag zu Tag schauen.“ Seine Zukunftsfähigkeit in Hamburg deutete hingegen der dritte Argentinier im Team an. Der umstrittene Cristian Ledesma gab den unspektakulären Mittelfeldarbeiter und machte nach Jaras Einschätzung sein „bisher bestes“ Spiel für den HSV. Beiersdorfer hofft nun nach dem ersten Pünktchen neulich in Dortmund kühn auf einen „Auswärtstrend“.

Sonst bleibt der HSV in der Tabelle auf Fahrstuhlsuche in höhere Etagen. Bislang bleibt die Kabine nach oben weiter besetzt. Mit einem fröhlichen 1860-Präsidenten Wildmoser und weiteren Teams, die der HSV im Erdgeschoss zurücklassen wollte. JÖRG FEYER