Todesschwadron torpediert Gespräche

Neuer politischer Mord am Bruder eines prominenten Gegners der Regierung Gbagbo erschüttert die Elfenbeinküste. Rebellen ziehen sich von den Friedensgesprächen zurück und prangern an: „Kein Tag ohne wahllose Hinrichtungen“

BERLIN taz ■ Benoît Dakoury-Tabley gehörte zu einer illustren Familie in der Elfenbeinküste. Sein älterer Bruder Louis war früher einer der historischen Führer der „Ivoirischen Volksfront“ (FPI) des heutigen Staatschefs Laurent Gbagbo, als dieser noch im Untergrund agierte. Sein ältester Bruder Paul ist Bischof von Grand-Bassam. Am Mittwoch wurde Benoît Dakoury-Tabley in seiner Arztpraxis in Abidjan von Uniformierten verhaftet. Zwei Tage später fand man seine von Kugeln durchlöcherte Leiche im Stadtteil Abobo – neuester in einer Serie politischer Morde, mit denen die Sicherheitskräfte der Elfenbeinküste Regimekritiker eliminieren.

Der bekanntere Bruder des Mordopfers, Louis Dakoury-Tabley, hatte sich wenige Tage zuvor in einer in Paris veröffentlichten Erklärung als außenpolitischer Sprecher der Rebellenbewegung MPCI („Patriotische Bewegung der Elfenbeinküste“) zu erkennen gegeben, die den Norden des Landes beherrscht und für den Sturz Gbagbos kämpft. Die Rache am Bruder des bisher prominentesten Zivilpolitikers in den Reihen der Rebellen führte am Samstag erneut zu einer Krise bei den Friedensgesprächen zwischen Regierung und MPCI, die mit Unterbrechungen in Togo stattfinden: Die Rebellen verkündeten ihren Rückzug von den Verhandlungen auf unbestimmte Zeit. „Es vergeht kein Tag ohne Entführungen, Übergriffe, wahllose Hinrichtungen an Leuten, die der Zusammenarbeit mit den meuternden Militärs verdächtigt werden“, erklärte die MPCI. Die Regierung Gbagbo reagierte mit der Beschuldigung, die Rebellen hätten Benoît Dakoury-Tabley vielleicht selbst umgebracht. Man sei „schockiert darüber, wie der Tod eines Menschen politisch ausgebeutet wird“, so ein Berater Gbagbos.

Während die Rebellen gestern präzisierten, ihr Rückzug von den Gesprächen sei nicht endgültig, begannen sie in der Elfenbeinküste mit Kriegsvorbereitungen. Die Straße von der größten MPCI-Stadt Bouaké an die südlich gelegene Front wurde gesperrt und MPCI-treue Demonstranten protestierten in Bouaké gegen die Truppen aus Frankreich, die den Waffenstillstand überwachen. Es gab unbestätigte Berichte über Schusswechsel an der Waffenstillstandslinie.

DOMINIC JOHNSON