Asien rauft sich zusammen

Beim Asean-Gipfel in Kambodscha wurde vereinbart, die weltweit größte Freihandelszone zu schaffen. 1,7 Milliarden Konsumenten würden dort leben

BANGKOK taz ■ Die Verwirklichung der Vision nimmt nur langsam Konturen an: Bis 2012 soll in Fernost die weltweit größte Freihandelszone entstehen, mit einem Markt von 1,7 Milliarden Konsumenten. Entsprechende Vereinbarungen unterzeichneten die Staats- und Regierungschefs der südostasiatischen Staatengemeinschaft Asean mit China und Japan auf ihrem Gipfel in der vergangenen Woche in der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh. „Wir gehen davon aus, dass die wirtschaftliche Zusammenarbeit allen größere Markt- und Absatzchancen beschert“, sagten die Regierungschefs in offiziellen Statements.

Japan kämpft seit über zehn Jahren mit einer wirtschaftlichen Rezession und will vermeiden, dass China dauerhaft die Wirtschaftslokomotive Ostasiens wird. China zieht mit rund 40 Milliarden Dollar pro Jahr die meisten ausländischen Direktinvestitionen an. Chinas Staats- und Parteichef Jiang Zemin machte in den Verhandlungen über eine gesamtasiatische Freihandelszone entsprechenden Druck.

China hat bereits ein konkretes Regelwerk installiert, während Tokio gerade erst anfängt, Regeln für eine Freihandelszone zu erarbeiten. Bereits ab 2003 sollen zwischen den Asean-Staaten und China die Zolltarife gesenkt werden, hauptsächlich für Erzeugnisse der Landwirtschaft. Denn diese gilt nach wie vor als einer der wichtigsten Produktionszweige. Außerdem soll über den freien Handel mit Waren und Dienstleistungen gesprochen werden. Auch Indien, von ausländischen Investoren wenig beachtet, ist zunehmend am freien Handel mit den Nachbarn interessiert.

Fraglich ist nur, ob die offiziellen Formeln konsequent umgesetzt werden. Versuche, in kleinerem Kreis Vereinbarungen auszuhandeln, waren in der Vergangenheit bereits äußerst problematisch. Denn die ehrgeizigen Pläne, die man Ende 1992 zunächst für die ständig wachsende Mitgliederzahl der Asean-Gemeinschaft unter dem Kürzel Afta (Asean Free Trade Area) entworfen hatte, waren von einigen Initiatoren selbst blockiert worden.

Die Dispute hatten sich vor allem am Automobilsektor entzündet. Vor zwei Jahren hatten die Asean-Länder beschlossen, die Importzölle für Autos aus der Region zunächst um 20 Prozent und bis 2003 auf 5 Prozent zu senken. Doch Malaysia fühlte sich überfahren und kündigte seine Zusage wieder auf, nicht zuletzt im Interesse des eigenen Autoproduzenten Proton. Thailand, das sich immer mehr zum Dreh- und Angelpunkt für die internationale Automobilindustrie in der Region entwickelt, sah sich vom Nachbarn getäuscht.

Protektionistische Tendenzen und politischer Zank haben nicht nur Investoren aufgescheucht, sondern auch verhindert, dass die Asean-Länder wirtschaftliche Unabhängigkeit von den USA und der EU erreichen. Lange Zeit war bei den Asean-Mitgliedern umstritten, ob man mächtige Nachbarn wie China, Japan oder Südkorea mit ins Boot nehmen sollte. Schließlich war die Afta von den Asean-Staaten auch dazu angedacht worden, den östlichen Wirtschaftsriesen Paroli bieten zu können.

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