schnittplatz
: „Paris-Sause“ mit juristischen Folgen

Im Duell zwischen der Bild-Zeitung und Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) lief gestern um Punkt elf das Ultimatum ab, das Thierse dem Boulevard-Blatt gestellt hatte. Doch Bild-Chef Kai Diekmann und seine hanseatische Rechtsabteilung blieben cool und schwiegen. Eine von Thierse verfasste Gegendarstellung bleibt einstweilen ungedruckt.

Das hat weitere juristische Folgen: „Wir haben nun einen Antrag beim Hamburger Landgericht gestellt, die Gegendarstellung per einstweiliger Verfügung zu erzwingen“, sagt dazu Thierses Pressesprecherin. Nun muss das Gericht entscheiden, ob die Bild „in der nächstmöglichen Ausgabe“ und an vergleichbarer Position im Blatt Thierses Gegendarstellung veröffentlichen muss.

Fünf Tage in Folge hatte das Boulevard-Blatt auf Thierse eingedroschen: Er habe den ganzen Bundestag zum „Feiern“ nach Paris eingeladen („Paris-Sause“), die 603 Parlamentarier würden auf Kosten des Steuerzahlers für einen Tag und stattliche 500.000 Euro nach Frankreich „düsen“. Skandal auf der ganzen Linie – Steuerzahler Karl-Heinz Däke regt sich gemeinsam mit dem Unionsgeschäftsführer auf: „Größenwahn!“.

Thierse nannte diese Berichterstattung „grob verfälschend“, worauf das wahrheitsliebende Blatt konterte: „Herr Thierse, sagen Sie die Wahrheit!“. Da platzte dem sonst so friedlich wirkenden Bundestagspräsidenten der Kragen: Er ließ dem Bild-Schreiber Einar Koch vom Hamburger Landgericht mit einer ersten einstweiligen Verfügung nicht nur verbieten, diese Behauptungen zu wiederholen – er forderte auch ultimativ eine Gegendarstellung.

Seine Bild-Friedenspfeife hat der SPD-Mann in diesem Jahr wohl ohnehin beiseite gelegt, denn während des Wahlkampfs gab’s schon einmal Ärger zwischen den Duellanten: Bild hatte die „Bonusmeilen-Affäre“ aufgedeckt und wohl dosiert die (rot-grünen) Sündernamen veröffentlicht. Dem wollte Thierse ein Ende setzen. Ohne Erfolg. Parteigenosse Franz Müntefering klagte gegen Bild – der Schuss ging nach hinten los, die halbe Medienrepublik solidarisierte sich mit Bild. Und das soll ja nun wirklich nicht sein.

SASCHA TEGTMEIER