Pakistans Koalitionskarussell dreht sich

Das Patt nach den Wahlen macht Benazir Bhutto zur gefragten Person, doch die Regierungskoalition steht noch nicht

DELHI taz ■ In Pakistans Medien erschienen letzte Woche Bilder von Asaf Zardari, dem Ehemann der Ex-Premierministerin Benazir Bhutto. Seit sechs Jahren wegen Korruptionsverdacht im Gefängnis, war Zardari von der Regierung zur Unperson gemacht worden. Nun sah man ihn plötzlich lachend in den Zeitungen. Er wurde sogar vorübergehend aus dem Gefängnis entlassen, um seine Mutter am Sterbebett zu besuchen. Ebenso erstaunlich war, was zeitgleich in Washington passierte. Dort war Benazir Bhutto plötzlich wieder eine gefragte Person. Zwei Jahre lang war sie von Washingtons Establishment geschnitten worden, weil man den verbündeten Militärmachthaber in Islamabad nicht verstimmen wollte.

Seine neue Salonfähigkeit verdankt das Ehepaar Pakistans Wahl vom 11. Oktober. Sie brachte keiner der drei größten Parteien eine Mehrheit und ermöglicht daher jede Koalition zwischen zwei von ihnen. Einen Monat lang gelang es der vom Regime favorisierten Muslimliga (Q-Faktion, PML-Q) nicht, eine Koalition mit Bhuttos People's Party (PPP) zu schmieden. Dann einigte sich Bhutto vom Exil in Dubai aus mit dem islamistischen Bündnis MMA, wobei ihre größere PPP der MMA den Posten des Regierungschefs anbot.

Dies hieße, dass der Islamist und Geburtshelfer der afghanischen Taliban, Fazlur Rahman, künftig als Pakistans Premier mit den USA den Kampf gegen die versprengten Taliban- und Al-Qaida-Kämpfer koordinieren würde. Das löste in den USA Alarm aus, wo Rahman eine Unperson ist. So öffneten sich für Bhutto die Türen und für ihren Mann die Gefängnistore.

Um zu verhindern, dass PPP und MMA Rahman bei der konstituierenden Parlamentssitzung zum Premier wählten, verschob Militärmachthaber Pervez Musharraf in letzter Minute erneut die Zusammenkunft der 342 Abgeordneten. Wieder begannen Gespräche zwischen PML(Q) und PPP. Bhutto fordert für die Unterstützung eines regimefreundlichen Premiers angeblich den Posten des Parlamentsvorsitzenden, Freiheit für ihren Mann sowie die Aussicht, selbst irgendwann nach Pakistan zurückkehren zu dürfen. Das fällt Musharraf schwer, nachdem er immer verkündet hatte, Bhutto und ihr Nachfolger als Premier, Nawaz Sharif, hätten in Pakistan nichts mehr zu suchen.

Musharraf tut alles, um diese Kröte nicht schlucken zu müssen. Erstmals griff er direkt in die Verhandlungen zwischen den Parteien ein. Auch denkt das Regime laut über einen radikalen Ausweg nach. Der Innenminister ließ durchblicken, es könnte Neuwahlen geben oder die Wiedereinführung des militärischen Ausnahmezustands.

BERNARD IMHASLY