Riester ist für alle da – oder?

„Jetzt noch schnell riestern“, sagen die einen. Aber ist diese Rente der Weisheit letzter Schluss? Unabhängige BeraterInnen haben Kritikpunkte. Worauf man bei der Wahl der geeigneten Altersvorsorge achten sollte

„Die Grundidee einer privaten Vorsorge finde ich richtig“, sagt die Bankfachwirtin Astrid Lorentz, „aber die Riester-Rente ist so kompliziert, dass sie sich zum Teil nicht mehr rechnen läßt.“ Deshalb will die unabhängige Finanzberaterin keine Pauschalaussagen darüber machen, für wen sich die staatlich geförderte Rente lohnt. „Das muss man immer individuell rechnen.“

Die Riester-Basics: Der Mindestsparbeitrag beträgt ein Prozent des Vorjahresbruttoeinkommens minus der staatlichen Zulage, die zunächst bei 38 Euro für jede und jeden liegt. Für jedes Kind legt der Staat noch einmal 46 Euro oben drauf. Mit steigender Einzahlung erhöhen sich auch Förderung und Kinderzulage. Ein Beispiel: Wenn man 20.000 Euro Jahreseinkommen im Jahr 2001 hatte und kinderlos ist, muss man mindestens 200 Euro minus 38 Euro, also 162 Euro im Jahr einzahlen, mit Kind nur 116 Euro. Diese Zahlen gelten für 2002 und 2003. In den Jahren 2004 und 2005 muss man doppelt so viel in die Rente stecken, im Beispiel also kinderlos 324 Euro, mit Kind nur 232 Euro. In den zwei Folgejahren sind drei Prozent des Bruttolohns fällig, und ab 2008 vier Prozent, um die volle Förderung zu bekommen. Wer erst 2007 einsteigt, muss sofort drei Prozent vom Lohn hinblättern, bekommt aber auch 114 Euro von Papa Staat dazu, mit Kind weitere 138 Euro.

Verdient man plötzlich weniger, verringert sich die Einzahlung. Als Arbeitsloser kann es dennoch sein, dass man sich diese Sätze nicht leisten kann. Dann zahlt man vielleicht noch ein Prozent ein, verliert aber auch einen Teil der Förderung.

Finanzfachfrau Lorentz äußert Kritik an der Riesterrente: Sie sei sehr unflexibel. Weder könne man das angesparte Geld auf einmal ausgezahlt bekommen, noch würde vor dem regulären Renteneintrittsalter von 65 Jahren ausgezahlt. Die Beraterin Karen Schütze schließt sich Lorentz an. Sie moniert, dass nicht alle Rentenanbieter eine Rentengarantiezeit vertraglich vereinbaren. Diese Vereinbarung sichere eine Mindestlaufzeit der Rentenzahlungen zu, etwa zehn Jahre ab Auszahlungsbeginn. Wenn der Versicherte vorher stirbt, bekommen Hinterbliebene die Auszahlungen. Ohne Garantiezeit bleibt das Geld bei den Versicherungen. Stirbt ein Versicherter schon während der Einzahlungszeit, bekommt seine Ehefrau nur die Einzahlungen zurück, aber nicht die staatlichen Zulagen, wenn sie nicht mindestens einen „Anhängselvertrag“ hat, sagt Lorentz.

Schütze bemängelt außerdem: Um die staatliche Förderung zu bekommen, muss man eine Einkommenssteuererklärung machen. Ohne Steuererklärung null Staatsknete.

Und schließlich erinnert Lorentz: „Mit der Riesterrente ist die Berufsunfähigkeitsrente für die unter 40-Jährigen weggefallen.“ Für über 40-Jährige habe sie sich drastisch verringert.

Wer nach individueller Beratung dazu kommt, dass Riester für ihn oder sie persönlich sinnvoll ist, muss sich noch eine weitere Frage beantworten: „Welcher Versicherungstyp bin ich?“ Der „Sicherheitsbedürftige“ wählt die klassische Rentenversicherung, die Überschüsse sicher, aber mit geringenRenditen arbeiten läßt. Die Versicherung mit begrenztem Fonds-Anteil kann höhere Renditen bringen. Geeignet für VersicherungsnehmerInnen, die noch Zeit bis zum Renteneintritt haben. Dann gleichen sich auch eventuelle kurzfristige Verluste langfristig wieder aus. Höchste Renditechancen, aber auch höchste Verlustgefahr birgt die Fonds-Versicherung. Lorentz kommentiert: „Dann kann ich auch gleich mein Geld in Aktien anlegen.“ Bei Versicherungen mit Fonds-Anteil empfiehlt sie, auf die Garantien und nicht auf die Prognosen zu achten. Wer ökologische Fonds nutzen will, finde bei den Anbietern Oeco Capital oder Versiko eine Versicherungsheimat, sagt Lorentz.

Bei der Wahl der Versicherungsgesellschaft empfiehlt die Beraterin zu überlegen, wie viel Service man brauche. Direktversicherer könnten deshalb so günstig sein, weil sie sich „teure“ BeraterInnen sparen. Lorentz persönliche Favoriten unter den Anbietern seien die großen, alt eingesessenen Häuser, von denen sie wisse, dass sie „gesund“ seien. Auch ob die Versicherer gegebene Prognosen wenig korrigieren mussten, sei einen Blick wert. Lorentz’ Tipp: Nicht überstürzt irgend etwas vor Jahresende abschließen. Lieber sich individuell beraten lassen, die unterschiedlichen Vorsorgemöglichkeiten vergleichen und dann entscheiden.

Ulrike Bendrat