Friedlicher Friedens-Talk im Luftkurort

Somalias Warlords haben sich für eine neue große Versöhnungskonferenz in das Hochland von Kenia zurückgezogen. Es sollen die Ergebnisse der letzten großen Versöhnungskonferenz von Dschibuti umgeschmissen werden. Die EU zahlt

ELDORET taz ■ In einem Hotelgarten beten Dutzende Männer kniend auf großen Matten. Andere stehen in kleinen Gruppen zusammen und plaudern. Es ist Mittagspause, aber gegessen wird nicht, weil es Ramadan ist. Das Stimmengewirr verstummt, als elf verschleierte Frauen auf dem Rasen tanzen und Friedensparolen singen.

Es geht gemütlich zu bei den neuesten Friedensgesprächen für Somalia im kenianischen Eldoret. Zum 13. Mal seit dem Zerfall Somalias 1991 versuchen die Politiker und Clanführer ihr Land wieder zu vereinen. Am Anfang kamen mehr als 1.200 Somalis in das kühle Hochlandstädtchen im Westen Kenias, obwohl die Organisatoren bedeutend weniger eingeladen hatten. „Gruppen, die meinten, dass sie nicht ausreichend vertreten waren, kopierten einfach die Einladungen“, weiß ein Vertreter einer internationalen Organisation zu berichten.

Vorletztes Wochenende gingen die meisten Somalis nach Hause, weil beschlossen worden war, die Verhandlungen mit nur noch 362 Delegierten fortzusetzen. Die sind jetzt auf sechs Arbeitsgruppen verteilt und sollen unter anderem eine Verfassung formulieren. Nun treten die Gespräche auf der Stelle.

„Die 362 geben nicht allen Somalis eine Stimme“, kritisiert Abdulkadir Ismael Salad. „Jede Strömung innerhalb der Gesellschaft muss mitreden können, auch wenn das tausende von Delegierten bedeutet.“ Der junge Mann ist Vorsitzender von „Frieden und Leben für die neue Generation“, eine von unzähligen zivilen Bürgergruppen, die versuchen, die Vorherrschaft der Warlords zu überwinden. Er gehört nicht zu den Auserwählten, aber er bleibt in Eldoret – auf eigene Kosten.

Im Jahr 2000 hatten tausende Somalis an monatelangen Friedensbesprechungen in Dschibuti teilgenommen. Damals wurde unter allgemeinem Beifall eine Übergangsregierung gegründet, die in der Realität aber nur einen Teil der somalischen Hauptstadt Mogadischu kontrolliert.

Zufrieden mit dem Verlauf der Besprechungen in Eldoret sind die schärfsten Gegner der in Dschibuti gegründeten Übergangsregierung – das Oppositionsbündnis SRRC, das vor allem etablierte Warlords vereint. SRRC-Vorsitzender Hussein Aidid sieht Frieden in greifbarer Nähe. „Noch nie waren alle streitenden Faktionen zusammen in einer Konferenz“, behauptet er am Rand eines Hotelschwimmbads. „Wir sind dabei, eine somalische Lösung für unser Problem zu finden.“

Das von Äthiopien unterstützte SRRC sagt, die Übergangsregierung in Mogadischu stünde unter zu großem arabischen Einfluss und unterhalte Beziehungen zu Islamisten. Bloß eine Lösung gibt es nach Aidids Meinung für Somalia. „Die Clans müssen ein Regierungssystem aufbauen und auch selber die Führer liefern. Die Uneinigkeiten zwischen den Clans haben mittlerweile eine eigene Dynamik bekommen. Es hat keinen Sinn, die Uneinigkeiten zu lösen, sie müssen ausbluten.“

Obwohl Warlords wie Aidid für das schlimmste Blutvergießen in Somalia verantwortlich sind, spielen sie bei den Gesprächen in Eldoret eine führende Rolle. „Es widerstrebt mir, die Kriegsherren zu belohnen“, meint ein ausländischer Diplomat in Eldoret. „Aber wenn man sie ausschließt, wird es nie Frieden geben in Somalia.“

Für die Besprechungen in Eldoret trägt die EU die Kosten – 50.000 Euro pro Tag. Die USA und die EU drohen mit Sanktionen gegen jeden, der den Friedensprozess untergräbt. „Das Engagement des Westens hat nichts zu tun mit Mitleid mit den Somalis“, sagt der Diplomat. „Die internationale Gemeinschaft will nur ausschließen, dass Somalia Zufluchtsort für Extremisten wird.“ ILONA EVELEENS