Kinder als Opfer im ivorischen Krieg

Der Kinderhandel Richtung Elfenbeinküste kommt wegen des neuen Krieges zum Erliegen, berichtet ein Hilfswerk. Andererseits bleiben viele Migrantenkinder auf den Plantagen des Landes mittellos zurück. Ihre Zukunft: Sklaverei oder Kanonenfutter

von DOMINIC JOHNSON

Eine positive Auswirkung hat der Krieg in der Elfenbeinküste, dessen ökonomische Auswirkungen halb Westafrika in Mitleidenschaft ziehen: Der Kinderhandel in der Region, einst ein schwunghafter Wirtschaftszweig, kommt zusammen mit den meisten anderen grenzüberschreitenden Handelsaktivitäten allmählich zum Erliegen. „Die Krise würgt den Schmuggel ab“, bilanziert anlässlich des heutigen Internationalen Kindertages der Burkina-Vertreter des internationalen Kinderhilfswerks „Terre des Hommes“ in Burkina Faso, Ibrahim Sanogo.

Viele Kinder aus den Sahelstaaten Burkina Faso und Mali werden traditionell in die Küstenländer Elfenbeinküste und Ghana geschickt, um dort zumeist auf Plantagen zu arbeiten – ein Phänomen, das von manchen internationalen Organisationen mit Sklaverei gleichgesetzt wird. „Jedes Jahr werden tausende Kinder zwischen sieben und achtzehn Jahren übertölpelt und in die Elfenbeinküste geschickt: die Jungen zur Arbeit auf Kaffee-, Kakao- und Baumwollplantagen, die Mädchen als Hausmädchen oder Prostituierte“, erregte sich erst letzte Woche wieder die burkinische Zeitung L’Observateur. Die Elfenbeinküste ist der größte Kakaoproduzent der Welt. Letztes Jahr ging die internationale Schokoladenindustrie eine Selbstverpflichtung ein, die Arbeitsbedingungen auf den Kakaoplantagen zu überprüfen, wo Kinder oft ungeschützt mit Macheten und Pestiziden arbeiten. Aber in dem Maße, in dem Migranten aus Mali und Burkina Faso sowie deren Nachkommen in der Elfenbeinküste immer mehr diskriminiert werden, verschlechterten sich auch die Bedingungen für die ausländischen Kinderarbeiter. Die Regierung des 2000 gewählten ivorischen Präsidenten Laurent Gbagbo vereinbarte zwar mit den beiden Nachbarländern, die illegalen Kinderarbeiter zu zählen und zu repatriieren, aber das wurde nur ansatzweise umgesetzt, bevor in diesem September Bürgerkrieg in der Elfenbeinküste ausbrach und die Nordhälfte des Landes unter Kontrolle von Rebellen fiel.

So kommen jetzt keine malischen oder burkinischen Kinder mehr in der Elfenbeinküste an. Aber die, die schon da sind, haben das Nachsehen. Sie bleiben auf der Strecke bei den staatlich organisierten Repatriierungsaktionen, mit den Bürger Malis und Burkina Fasos aus der Elfenbeinküste in ihre Heimatländer gebracht werden, so Ibrahim Sanogo: „Die Leute stecken im Elend, und auf der Flucht lassen sie die Kinder zurück.“ Dass die staatlichen Busgesellschaften entgegen den Bestimmungen Fahrgeld von den Rückkehrern verlangen – umgerechnet 60 Euro für die Fahrt aus der Elfenbeinküste über Ghana nach Burkina Faso –, macht die Reise für Kinderarbeiter unerschwinglich. Außerdem verleitet es Familien von ausreisenden Migranten dazu, ihre Kinder zurückzulassen, berichtet die Zeitung L’Observateur: „An der Grenze Elfenbeinküste/Ghana sieht man mehr Erwachsene als Jugendliche. Höchstens ein paar Säuglinge mit ihren Eltern.“

Die Kinder burkinischer Immigranten blieben in der Elfenbeinküste zurück und seien „ihren Arbeitgebern ausgeliefert“, so das Blatt. „Terre des Hommes“ weist überdies darauf hin, dass jetzt zunehmend burkinische Kinder auf die Baumwollplantagen Malis geschickt werden.

Der Krieg in der Elfenbeinküste führt außerdem dazu, dass sich die Lage der Kinder allgemein verschlechtert. In der von Rebellen kontrollierten Nordhälfte des Landes sind die Schulen geschlossen, in der Regierungshälfte sind viele Migrantenkinder aus dem Unterricht ausgeschlossen worden. Auf beiden Seiten der Front gibt es Berichte, wonach Kinder als Soldaten rekrutiert werden.