Das Öl ist eine Pest

Havarierter Tanker „Prestige“ zerbricht und geht mit mehr als 70.000 Tonnen Schweröl unter. Kritik an den Regierungen in Spanien und Portugal. Öl teilweise schon an der Küste angelandet

MADRID/BERLIN taz ■ Der Öltanker „Prestige“ ist gestern 270 Kilometer vor der spanisch-portugiesischen Westküste auseinander gebrochen und gesunken. Ein weit über 1.000 Quadratkilometer großer Ölteppich bedroht die Küsten bis hoch nach Frankreich. Die 243 Meter lange „Prestige“ war am Mittwoch in einem Sturm leckgeschlagen – laut Angaben des Reeders mit 77.000 Tonnen giftigem Schweröl an Bord.

Wie groß die daraus resultierende Umweltkatastrophe wird, ist noch nicht abzusehen. Naturschützer bargen gestern an der am nächsten gelegenen so genannten Todesküste in Galicien schon mehrere hundert ölverklebte Vögel. Gefährdet ist auch die bedeutende Muschelproduktion der Region, 5.000 Fischerfamilien sind betroffen.

Laut dem portugiesischen Marine-Generalstab stehen angesichts der herrschenden Windrichtungen die Chancen gut, dass die Ölteppiche die am nächsten gelegene Küste nicht erreichen. Für die galicische Küste ist es die vierte Tankerhavarie seit 1976. Das Gebiet um Cap Finisterre ist wegen seines hohen Seegangs berüchtigt. Trotz der Häufigkeit von Orkanen ist die Route dicht befahren, weil der gesamte Gütertransport zwischen Afrika und Mittel- sowie Nordeuropa entlang der Küste Richtung Golf von Biskaya läuft.

Was mit dem in der „Prestige“ bleibenden Öl passiert, ist unklar. Experten sprachen davon, dass es am Grund des dort 4.000 Meter tiefen Meeres durch die Kälte und den Druck fest würde.

Greenpeace machte die spanische Regierung für das Ausmaß der Katastrophe verantwortlich.

„Wenn vor Tagen das Schiff an die Küste geschleppt worden wäre, hätte die Ladung auf einen zweiten Tanker umgepumpt werden können.“ Sowohl Spanien wie auch Portugal befürchteten jedoch, das Schiff werde dann direkt an der Küste bersten und eine noch größere Ölpest auslösen. So ordneten sie an, den Tanker so weit wie möglich aufs offene Meer in internationale Gewässer zu schleppen. Dort ist weder Madrid noch Lissabon für das Schicksal der „Prestige“ zuständig.       RW/REM

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