Festnahme beendet Busfahrt

Beim Versuch, von Java auf die Insel Sumatra zu flüchten, wird der Hauptverdächtige des Bali-Anschlags verhaftet. Australien erhöht aus Angst vor neuen Terroranschlägen die nationale Sicherheitsstufe und ruft seine Soldaten aus Afghanistan heim

von ANETT KELLER
und BORIS B. BEHRSING

Indonesische Behörden haben gestern Nachmittag den Hauptverdächtigen des Bombenattentats von Bali festgenommen. Der aus Westjava stammende Imam Samudra wurde am Nachmittag in Merak, von wo die Fähren von Java zur Nachbarinsel Sumatra übersetzen, in Polizeigewahrsam genommen.

Der 35-jährige Samudra war laut indonesischen Medienberichten bewaffnet, hat aber keine Gegenwehr geleistet, als die Polizei ihn in einem Bus in Richtung Hafen überwältigte. Er zählt als Mitglied der islamistischen Organisation Jemaah Islamiyah (JI) und soll den Bombenanschlag geplant und koordiniert haben. Ein abgeschlossenes Chemiestudium in Malaysia und mehrere Besuche in Afghanistan gelten den Behörden als Hinweise darauf, dass Samudra Bomben in der Größenordnung der in Bali benutzten bauen kann. Er soll außerdem für Anschläge auf Kirchen im Jahr 2000 verantwortlich sein, ein Vorwurf, den die Polizei auch gegen den mutmaßlichen Kopf der JI, den in Jakarta inhaftierten Abu Bakar Bashir, erhebt.

Bereits am Dienstag und Mittwoch waren nach Polizeiangaben zwei weitere Männer, angeblich Samudras Leibwächter, festgenommen worden. Polizeichef Da’i Bachtiar sagte, Samudra solle nun dem vor mehr als zwei Wochen verhafteten Amrozi gegenübergestellt werden. Amrozi hatte zunächst seine Mittäterschaft gestanden und der Polizei Auskunft über sechs weitere Tatbeteiligte gegeben.

Aus Angst vor weiteren Anschlägen in der Region hat die australische Regierung unterdessen die nationale Sicherheitsstufe um einen Grad auf drei erhöht. Noch vor Weihnachten sollen die 450 Soldaten der in Afghanistan eingesetzten Elitetruppe zurückkehren, um zum Schutz vor Anschlägen eingesetzt zu werden. Es gebe „glaubwürdige Informationen für eine terroristische Bedrohung Australiens“, sagte Justizminister Chris Ellison, ohne diese Bedrohung näher zu spezifizieren.

Seit zwei Tagen ist die Küstenüberwachung des Inselkontinents verschärft. Die Bewachung wichtiger Einrichtungen, vom Atomreaktor bis zum Opernhaus in Sydney, wurde intensiviert. Krankenhäuser sind in Notstandsbereitschaft. Premierminister John Howard warnte indes vor Panik und rief seine Landsleute auf, terrorverdächtige Umtriebe zu melden. Im Übrigen sollten die Australier ihrer üblichen Routine nachgehen.

Bei vor allem gegen Einwanderer gerichtete Razzien wurden in den letzten Wochen sechs Verdächtige festgenommen. Aufsehen erregte die Anklage des zum Islam konvertierten Australiers Jack Roche wegen Planung von Anschlägen auf israelische diplomatische Einrichtungen. Nach eigenen Aussagen wurde der 49-Jährige in Afghanistan und Pakistan im Gebrauch von Sprengstoffen ausgebildet. Er habe auch die Australienbesuche des JI-Führers Abu Bakar Bashir mit organisiert. Bashir reiste in den letzten Jahren elfmal unter falschem Namen nach Australien, um den Einfluss der JI zu stärken.