Nach dem Abi: Weg(e) ins Ausland

Nix wie weg, das ist der Wunsch vieler Abiturienten. Aber wohin? Die große Weltreise? Jobben, als Freiwilliger arbeiten oder Praktikant sein? Erfahrungen wollen selbst gemacht, die Welt will gesehen werden.

Talente sind zu entdecken, die nicht mit Noten oder Punkten bewertet werden können. Die Wünsche sind vielfältig, die Möglichkeiten auch. Zumindest für den weiblichen Teil der Abiturienten, wie es scheint.

Doch auch für die Jungs besteht die Möglichkeit, den Wehr- oder Zivildienst im Ausland anzutreten. Wer sich für 21 Monate verpflichten mag und während der Musterung einen Antrag stellt, kann überall im Ausland seinen Dienst leisten, beispielsweise bei den KFOR-Truppen auf dem Balkan oder als Stabsdienstsoldat im NATO-Hauptquartier in Brüssel.

Für Kriegsdienstverweigerer gibt es den sogenannten „Anderen Dienst im Ausland“, eine Form des Zivildienstes, der im Gegensatz zum elfmonatigen Zivildienst in Deutschland 13 Monate dauert.

Moritz, 24, Student aus Berlin betreute als Zivildienstleistender Geistigbehinderte in Israel. Ihm habe es vor allem gut getan, zu sehen, dass er in einem fremden Land gut zurechtkomme. „Als ich wieder in Deutschland war“, so sagt er, „hatte ich das Gefühl, ohne Probleme in anderen Ländern leben zu können. Auch das Land intensiv und nicht als Tourist kennen zu lernen, war schön.“ Wer es Moritz gleichtun will, muss sich allerdings rechtzeitig darum kümmern. „Mit der Organisation habe ich eineinhalb Jahre vor Beginn meines Zivis angefangen“, berichtet er, „um einen Einsatzort zu finden, half mir aber auch noch eine Bekannte.“

Wer keine Beziehungen hat, kann sich beim Bundesamt für Zivildienst informieren. Vor allem im sozialen Bereich gibt es laut Moritz gute Chancen, einen Platz zu finden, während das in Bereichen wie Entwicklungshilfe nicht der Fall ist, da dort ein gewisses Alter, meist 25 Jahre, und Berufserfahrung als Voraussetzungen gelten. Seit Januar 2002 gelten auch das sogenannte Freiwillige Soziale und das Freiwillige Ökologische Jahr (FSJ und FÖJ) als Ersatz für den Zivildienst und können sowohl im In- als auch im Ausland geleistet werden. Ob es nun der Wunsch ist, Kinder in Kenia zu unterrichten, den Straßenkindern von Brasilien zu helfen oder bei einem Umweltprojekt in Italien mitzuwirken, angeboten, organisiert und betreut werden diese offiziellen Dienste von gemeinnützigen Organisationen. Zu einer solchen sogenannten „Entsendeorganisation“ nimmt ein FSJ-Interessierter Kontakt auf, fragt nach Angeboten und bewirbt sich, wenn ein passendes Projekt gefunden wurde. Um die Formalitäten kümmert sich anschließend die Organisation.

Das Arrangieren eines solchen Freiwilligendienstes nimmt in der Regel ein 3/4 Jahr in Anspruch, doch für denjenigen, der die Bewerbungsfristen verpasst hat, ist auch spontan noch etwas zu verwirklichen. Handbücher informieren über Möglichkeiten der freiwilligen Arbeit im Ausland und auch über das Internet kann man mit Geduld und Glück erfolgreich sein.

Ein anderer bekannter und beliebter Weg ins Ausland ist das Jahr als Au-Pair, in dem man als Kindermädchen und Haushaltshilfe in einer Familie lebt und einen Sprachkurs besucht.

Janine, 26, Studentin aus Bremen, denkt gerne an ihre Zeit in den USA. zurück. Für sie sei es die ideale Möglichkeit gewesen, Land und Leute weiter kennen zu lernen und ihre Sprachkenntnisse zu vertiefen. „Ich bin außerdem selbstbewusster und erwachsener geworden und hatte Glück mit meiner Familie, was nicht immer der Fall ist.“ Die Vermittlung solcher Au-Pair-Aufenthalte übernehmen Agenturen, deren Adressen wiederum in Ratgebern aus dem Buchhandel oder im Internet zu erhalten sind. Im World Wide Web sei jedoch vor Betrügern gewarnt, denn die Vermittlung der Au-Pairs ist mit Kosten verbunden und bietet so eine wunderbare Geldquelle für Bluffer und Banditen. Die 20jährige Studentin Lena, die einer solchen Schein-Agentur beinahe ins Netz ging, rät allen Au-Pair-Interessierten folgendes: „Am besten lässt man sich Telefonnummern von ehemaligen Au-Pairs der Agentur geben und holt sich Erfahrungsberichte. Wenn die Agentur dies nicht machen will, hat sie anscheinend etwas zu verbergen.“ Wer nun nichts mit dem sozialen Bereich am Hut hat, dem eröffnen Sprachkurse, Praktika oder Jobben die Chance, Auslandserfahrung zu sammeln.

Maria, 25 aus Bremen besuchte acht Monate einen Sprachkurs und weitere Wahlfächer wie Literatur oder Geschichte an der Universität von Barcelona. „Ich habe intensiv die spanische Sprache lernen können“, berichtet sie, „und ich konnte mir auch die Diplomas, die ich am Ende bestanden habe, für mein späteres Romanistikstudium anrechnen lassen.“ Im Allgemeinen helfen einem hier die Institute und Konsulate der entsprechenden Ländern weiter.

Stefanie aus Bremen dagegen hat sich gleich in die Arbeitswelt gestürzt und nach dem Abitur mehrere Praktika in Brüssel absolviert. „Zunächst war ich zwei Wochen beim Europa-Parlament“, berichtet die 21jährige, „und anschließend habe ich mir über Praktikumsbörsen im Internet Angebote von Unternehmen in Brüssel herausgesucht, und mich einfach beworben.“ Eine weitere Möglichkeit, um sich seinen Auslandsaufenthalt auch noch kostengünstig zu gestalten, ist, für einige Zeit im Wunschland zu jobben, was in den EU-Ländern sehr vereinfacht wurde, da man weder ein Visum noch eine Arbeitserlaubnis benötigt. Entweder man fährt direkt ins Land und sucht, was aber meistens Zeit, Geld und Geduld beansprucht, oder man kontaktiert das Arbeitsamt, das einen mit Adressen der Jobbörsen oder Arbeitsämtern im jeweiligen Land versorgt. Wen es in außereuropäische Länder zieht, für den gestaltet sich die Jobsuche auf eigene Faust schon erheblich schwieriger, da Sprachkenntnisse, Visum und Arbeitserlaubnis von Nöten sind und man letztere als Abiturient ohne Berufsausbildung nur schwer erhält.

Unkomplizierter und auch sicherer dagegen sind offizielle Programme, zum Beispiel von der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung (ZAV) oder auch sogenannte work-and-travel-Programme von kommerziellen Anbietern, die sich um die Formalitäten kümmern und gleichzeitig dafür sorgen, dass man am australischen Grill bei McDonalds zu vereinsamt. Und was war jetzt mit der Weltreise? Das nötige Geld ist ja zu verdienen.

Ein halbes Jahr knüppeln bei Mercedes, Extra oder im Call Center und dann mit der Rikscha durch Asien oder mit dem VW-Bus durch Süd-Amerika. Es ist euer Jahr: macht was draus!

Die Adressen haben wir unter www.wuha.de/schulzeit ins Netz gestellt!   Aletta Rochau