: „Mach mal zwei Tage lang Badepause“
Spanien habe mehr zu bieten als nur Sonne und Strand, schwärmt der spanische Generalsekretär für Tourismus, Juan José Güemes. Er setzt auf einen Imagewandel: Mit Kunst, Kultur und einer verbesserten Infrastruktur sollen auch die anspruchsvolleren Besucher in das Land gelockt werden
Interview KATHARINA KOUFEN
taz: Für viele Deutsche bedeutet Spanien vor allem Meer und Strand. Nervt Sie dieses Image?
Juan José Güemes: Manchmal schon. Wir geben uns Mühe, auch andere lohnenswerte Urlaubsziele in Spanien bekannt zu machen. Viele Urlauber kommen an unsere Strände und wissen nichts von unseren Angeboten an den Küsten selbst und auch im Landesinneren. Dabei haben wir gastronomisch, kulturell und künstlerisch viel zu bieten. Zum Beispiel auf Ibiza: Klar gibt es dort schöne Strände. Aber Ibiza hat einen monumentalen historischen Kern, Ibiza hat Museen, berühmte Festivals, exquisite Restaurants mit typischen Gerichten, die es nur auf Ibiza gibt – es ist also gut geeignet für den anspruchsvollen deutschen Touristen von heute, der immer mehr verlangt.
Wie hoch ist der Anteil der Touristen, die ausschließlich als Badeurlauber nach Spanien kommen?
Das hängt von den Herkunftsländern ab. Für den ganz großen Teil der zwölf Millionen Deutschen, die jedes Jahr hierher kommen, ist Spanien nach wie vor ein Badeland. Für Engländer und Holländer übrigens auch. Für die US-Amerikaner, Japaner und für die Lateinamerikaner ist Spanien ein Kulturland mit sehenswerten Städten wie Sevilla, Madrid oder Barcelona – Urlaubsziele, die bei den Deutschen weniger bekannt sind.
Geht die Tendenz eher in Richtung mehr Kultur oder weniger?
In den letzten Jahren stellen wir auch bei den Deutschen ein steigendes Interesse an kulturellen Zielen fest – besonders bei den jungen Leuten.
Was unternimmt Spanien denn, damit mehr europäische Touristen in die Städte und auch ins Landesinnere reisen?
Zur Zeit laufen die Vorbereitungen für einen Plan zur Förderung des Kultur- und des Sprachtourismus. Immer mehr Touristen kommen nämlich nach Spanien, um die Sprache zu lernen. Das ist eine Gruppe von Touristen, die der spanischen Kultur sehr offen und positiv gegenübersteht und in die wir deshalb hohe Erwartungen setzen. Auf der einen Seite müssen wir erst mal ein Verzeichnis unserer Sehenswürdigkeiten erstellen. Wir müssen uns überlegen, was wir den Touristen zeigen möchten – und wie. Dafür muss ja auch eine entsprechende Infrastruktur geschaffen werden, mit Hotels und Restaurants und Busverbindungen. Spanien ist das Land, das auf der ganzen Welt die meisten Orte hat, die von der Unesco zum Weltkulturerbe erklärt wurden. Das ist etwas, was man selbst hier in Spanien manchmal nicht weiß. Auf der anderen Seite müssen wir ein gutes Marketing machen.
Wie soll das aussehen?
Für unsere Werbekampagne „Spanien prägt Sie“ sind Ausgaben von 126 Millionen Euro eingeplant. Sie zeigt Spanien als ein Land, in dem es viel zu sehen gibt und in dem es aber auch jede Menge Freizeitmöglichkeiten gibt. Madrid zum Beispiel hat seine weltberühmten Kunstmuseen, all seine Kunstschätze aus der Zeit, als Spanien noch ein Weltreich war. Gleichzeitig ist Madrid aber auch eine lebendige, moderne Metropole mit der avantgardistischen Kultur des heutigen europäischen Spanien. Neben den reinen Kulturtouristen laden wir auch die Strandtouristen auf einen „City-Break“ ein: Mach mal einen oder zwei Tage lang Badepause und schau dir Barcelona an oder Granada. Unsere Kampagne trägt auch der Tatsache Rechnung, dass sich das Image von Spanien seit einigen Jahren ändert. Spanien allgemein und als Urlaubsziel.
Worauf führen Sie das zurück?
Wahrscheinlich, weil unser Land aufgeholt hat: Spanien hat seine Infrastruktur verbessert, Spanien hat seine wirtschaftliche Lage verbessert, es hat sich politisch als EU-Land etabliert. Spanien hat heute ein positives Image in Europa, und davon wollen wir profitieren. Spanien soll sich als Ferienziel präsentieren, das anders ist als die anderen Urlaubsländer. Das von den Zeitungen vielleicht in einem Atemzug mit anderen Pauschalurlaubsländern genannt wird, das aber verschieden ist. Spanien soll sich durch Qualität von den „Konkurrenzländern“ unterscheiden – wie beispielweise der Türkei oder Ägypten, die ja auch Badeurlaub und interessante Städte zu bieten haben.
Und wie wollen Sie das erreichen?
Wir haben da bestimmte Kriterien festgelegt, auf die sich dreitausend Tourismusunternehmen auch schon verpflichtet haben. Natürlich haben beispielsweise unsere Fünfsternehotels schon Kriterien – aber wir wollen sie immer noch ein bisschen übererfüllen. Wo uns das gelingt, kennzeichnen wir die Hotels mit einem Q für Qualität. Das fängt an bei der Freundlichkeit des Personals und geht bis zur Dicke der Handtücher in den Hotelbädern.
Barcelona begeht dieses Jahr mit einem Gaudí-Jahr den 150. Geburtstag des Architekten. Es gibt jede Menge Angebote für Touristen, das reicht vom Gaudí-Busticket bis hin zum Gaudí-Menu im Restaurant. Planen Sie solche Aktionen auch in anderen Städten?
Gaudí ist ein gutes Beispiel für das, was wir vorhaben. Gaudí ist Kunst – aber nicht im Museum, sondern auf der Straße. Die Touristen treffen in Barcelona ständig auf Gaudí. Andere Städte wie Madrid, Sevilla oder Valencia sind genauso – es ist gar nicht nötig, das man ins Museum geht. Kunst und Kultur liegen auf der Straße.
Das ist aber doch immer so. Was aber hat Barcelona konkret im Gaudí-Jahr an Besonderem zu bieten?
Zum ersten Mal können alle Werke des Architekten auch von innen besichtigt werden. In einigen Gebäuden sind ja normalerweise private Wohnungen oder Büros. Die Stadt Barcelona musste sich ganz schön anstrengen, um die Bewohner zu überreden, ein Jahr woanders zu leben. Außerdem gibt es Sonderangebote wie ein Busticket, mit dem man zwischen allen Gaudí-Gebäuden hin- und herfahren kann.
Hat sich der Aufwand gelohnt?
Noch haben wir zwar die endgültige Bilanz nicht gezogen, aber Barcelona ist derzeit die Stadt in Spanien, wo der Tourismus am meisten zunimmt. So um die zwanzig Prozent mehr Touristen hatten wir dieses Jahr hier, schätze ich.
Wo und wann sind ähnliche Angebote geplant?
2004 wird ein wichtiges Jahr. Da findet in Barcelona das Kulturforum statt, zu dem Künstler aus der ganzen Welt erwartet werden. Obendrein ist 2004 ein Santiago-Jahr. Alle vier, fünf Jahre ist das Jahr von Santiago de Compostela, der Pilgerstadt im Norden des Landes. Und das geht weit über die religiöse Bedeutung hinaus. Es gibt unterschiedliche Wege dorthin, der berühmteste beginnt in Roncevalles an der französischen Grenze.
Das ist ein Jahr, in dem entlang dieser Strecke viel geboten wird. Wir laden die Touristen ein, einen Teil des Weges kennen zu lernen – sei es zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit dem Auto. So können sie den ganzen Norden Spaniens kennen lernen. 2004 ist außerdem das fünfhundertste Todesjahr von Isabella der Katholischen. Das war die Königin, die Kolumbus auf den Weg nach Amerika geschickt hat. Für Spanien also eine ganz wichtige Epoche. Wir arbeiten daran, an allen historisch wichtigen Stätten des Landes diese Geschichte zu zeigen – mit Ausstellungen, mit Theateraufführungen, mit Lesungen.
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