Kehraus bei den Saubermännern

Noch vor kurzem träumte die BSR von den Top 10 der Entsorgungswirtschaft. Jetzt muss sie sogar um ihr Monopol bis 2015 bangen. Verfassungsgericht entscheidet im Januar

Im jüngsten Beteiligungsbericht des Landes liest sich die Zukunft der Stadtreinigungsbetriebe (BSR) noch wie die eines großen Players in der Entsorgungsbranche. Von einer „Strategie des konsequenten Wachstums“ ist die Rede und dass man mittelfristig „unter die Top 5 in Deutschland und Top 10 in Europa“ will, hauptsächlich über Zukäufe. Nach der Panne bei den Straßenreinigungsgebühren und Kritik am Müllkonzept sieht das anders aus. Fraglich scheint der geplante Kauf der landeseigenen Hafenbetriebe Behala. „Schuster bleib bei deinen Leisten“, urteilt die Industrie- und Handelskammer. Im Januar könnte das Verfassungsgericht zudem die Monopolstellung der BSR kippen.

Vor zwei Jahren hatte man sich quasi in der Familie auf eine so genannte Zielvereinbarung geeinigt. Das Land sicherte seiner 100-prozentigen Tochter BSR das ohnehin schon gesetzlich geregelte Monopol auch vertraglich bis 2015 zu. Im Gegenzug zahlte die BSR dem Land rund 411 Millionen Euro, legte sich auf effizientere Strukturen fest und schrumpfte seither von rund 7.400 auf 6.400 Mitarbeiter. Bis 2015 soll sich das Unternehmen fit für den privaten Wettbewerb machen, wie er bei anderen ehemals kommunalen Monopolen, etwa beim Strom, Alltag ist.

Der Grünen-Fraktion ist das zu lang, 2008 sollte ein solcher Übergangszeitraum enden, meint ihr finanzpolitischer Sprecher Jochen Esser. Seine Fraktion hat dazu das Landesverfassungsgericht angerufen. Die Entscheidung wird im Januar erwartet.

Wenn es nach der FDP ginge, wäre sofort Schluss mit dem Monopol der BSR. Ihr Fraktionschef Martin Lindner hält von der Übergangsregelung nichts: „Schwimmen lernt man nur im Wasser.“ Für Lindner gibt es einen klaren Zusammenhang zwischen der Monopolstellung und der jüngsten Gebührenpanne. „Ein im Wettbewerb stehendes Unternehmen macht das nur ein Mal, und das war’s dann.“ Dass das Land bei einer Aufkündigung des Monopols einen Großteil der 411 Millionen Euro zurückzahlen müsste, ist für Lindner kein Problem: „Das Land sitzt doch auf beiden Seiten, das kann doch nicht so schwer sein.“ Das ist auch den für schnellere Konkurrenz offenen Grünen zu fix. „Die volle Marktwirtschaft wäre jetzt der Untergang der BSR“, meint Esser.

Gar kein Thema ist ein kompletter Verkauf bei der PDS-Fraktion. „Für uns ist das ein Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge, auf der das Land die Hand halten sollte“, sagte ihre umweltpolitische Sprecherin Delia Hinz. „Ob das nun heißt, dass das Land weiter 100 Prozent hält, muss man abwarten.“ Die CDU sieht die BSR-Aufgaben hingegen nicht bei der Daseinsvorsorge. Nach 2015 sollte das Unternehmen in private Hände gehen, das Land nur einen Minderheitsanteil von 25,1 Prozent behalten.

STEFAN ALBERTI