„Weggeworfen nach drei Jahren“

Die Wiederverwertungsfachfrau Verena Lorenz-Meyer hat das regionale Netzwerk für ausrangierte Computermitgegründet. Das Ziel des Zusammenschlusses: Die Geräte sollen weiterverwendet werden, nicht nur das Material

taz: Frau Lorenz-Meyer, was war der Anlass, regionale Netzwerke für ausrangierte Computer aufzubauen?

Verena Lorenz-Meyer: Im Arbeitskreis Elektronikverwertung wollten wir nicht nur über Materialverwertung nachdenken, sondern auch über die Wiederverwendung elektronischer Geräte. Wir haben bei Computern begonnen, weil hier die ökologische und ökonomische Problematik besonders groß ist: nach drei Jahren sind sie abgeschrieben und werden weggeworfen. Der Unmut darüber ist weit verbreitet. Mit unserem ReUse-Konzept hingegen können wir Ressourcen schonen und auf die Umwelt nachhaltig wirken. Das ist höherwertiger, als nur Material zu verwerten. Parallel zu unseren Überlegungen gab es eine ähnliche Initiative in Hamburg, die vom Institut für Produktdauerforschung ausging. Wir haben uns zusammengeschlossen, das ReUse-Netzwerk aufgebaut und profitieren von den Synergieeffekten.

Wer gehört zu diesem ReUse-Netzwerk, und was bietet es?

Dank unserer Initiative haben sich in Berlin und Hamburg Computerhändler, PC Notdienste, PC Verleihe, Reparaturwerkstätten, Elektronikverwerter, PC Beratungsservice, Hardware- und Produktforscher sowie Ausbildungsträger vernetzt. Die Mitglieder haben jeweils unterschiedliche Schwerpunkte, zum Teil aber auch gleiche – das belebt das Geschäft.

Wie äußert sich der Vorteil ein solches Netzwerks für die Mitglieder und Kunden?

Durch das gemeinsame Angebot können wir alles rund um Computer anbieten, vom Service bis zur Entsorgung. Die Flexibilität des Einzelhändlers wird kombiniert mit der Kraft der Großunternehmen. Die kleineren können bei Ausschreibungen bestimmte Mindestmengen erreichen, weil sie die Kapazitäten anderer Mitglieder mitatmen. Etwa wenn ein Akku-Aufbereiter ermüdeten Akkus eines Großhändlers wieder in einen neuwertigen Zustand bringt. Oder er vermittelt Kunden an Mitgliederfirmen, die mit Laptops arbeiten. Der Kunde wiederum erhält feste Anlaufstellen, wo er gebrauchte Computer kaufen kann, mit Beratung und Qualitätsniveau, plus Reparatur- und Entsorgungsmöglichkeiten. Diese Professionalisierung des Gebrauchtmarktes schafft somit auch eine Wertschöpfung innerhalb der Regionen, Berlin bzw. Hamburg, durch mittelständische Unternehmen.

Welche Rolle spielt die Forschung in diesem Netzwerk?

Der Fachbereich Mikroperipherik der TU Berlin bewertet die Ökobilanz der Hardware und die Nutzungsmöglichkeiten älterer Elektronikkomponenten. Zudem testet das Rechenzentrum der Uni den Einsatz älterer PCs in EDV-Netzwerken. Den wirtschaftlichen Netzwerkgedanken wiederum arbeitet die Genossenschaft KVA für zukunftsfähiges Wirtschaften für Nachhaltigkeit auf. Von all diesen Erkenntnissen profitiert unser ReUse-Projekt.

Welche Unterstützung bekommt das Netzwerk von staatlicher oder städtischer Seite?

Das ReUse-Netzwerk wird als dreijähriges Forschungsprojekt vom Bundesforschungsministerium gefördert. Es beinhaltet die Erforschung von Netzwerkarbeit, der technischen EDV-Entwicklung sowie eine Qualifizierung im Gebrauchtcomputerhandel. Im Jugendaufbauwerk des Landes Berlin und Mook wat e. V. in Hamburg lernen Jugendliche zudem in Zukunft die Wiederaufarbeitung älterer Rechner sowie den Aufbau von Linux-basierten EDV-Netzwerken mit Gebrauchtcomputern.

INTERVIEW: PETRA UHE