Erprobter Modernisierer an der Staatsspitze

Der bisherige Regierungschef Sloweniens, Janez Drnovsek, setzt sich in der Stichwahl um das Präsidentenamt durch

Zurückhaltend, manchmal etwas zu trocken, verlässlich und technokratisch, so wird der neue Präsident Sloweniens, Janez Drnovsek, in seinem Land charakterisiert. Dass der 52-jährige bisherige Premierminister und Chef der Liberaldemokratischen Partei am Sonntag bei den Stichwahlen nur 56,3 Prozent der Stimmen erringen und seine Gegenkandidatin, die bis dato recht unbekannte Juristin Barbara Brezigar, mit ihren 43,6 Prozent einen Achtungserfolg erzielen konnte, weist auf seine mangelnde Volksnähe.

Das Bad in der Menge liegt ihm nicht, Bierzelte sind ihm ein Graus. Linkisch habe er sogar auf seinen Wahlveranstaltungen gewirkt, kritisierten slowenische Medien. Doch kaum jemand in dem 2-Millionen-Volk käme auf die Idee, dem neuen Präsidenten die Befähigung zu seinem Amt abzusprechen.

Dazu kennen sie ihn zu gut. Denn seit der Unabhängigkeit, seit 1991, ist Drnovsek mit nur kurzen Unterbrechungen Premierminister. Er hat zusammen mit dem bisherigen Präsidenten und Exkommunisten Milan Kucan darum gekämpft, das Land von Beginn seiner Unabhängigkeit an auf Europakurs zu bringen. Wie Kucan wollte er den „undemokratischen Zwangsverband“ Jugoslawien verlassen, wie Kucan betonte er aber auch damals, dass Slowenien bereit sei, die gerade gewonnene Souveränität wieder aufzugeben, sollte das Land in die EU und damit in einen „demokratischen Staatenbund“ integriert werden.

Sie betonten diese Position, obwohl sie damals in Europa nicht unumstritten war. Die Querschüsse aus Belgrad, das kleine Land könne in der Unabhängigkeit nicht bestehen, zeitigten in London und Paris Wirkung. Doch Slowenien hat das Gegenteil bewiesen. Mehr noch als Kucan steht Drnovsek für die Modernisierung Sloweniens. Schon während seiner ersten Regierung wurden die Weichen für weitreichende Reformen des Bildungswesens gestellt – heute gehört das slowenische Ausbildungssystem zu den besten Europas. In der Wirtschaftspolitik befürwortete er einen sanfteren Übergang vom Sozialismus zum Kapitalismus als in anderen Transitionsländern. Die Beschäftigten eines Betriebs sind am Aktienkapital beteiligt und haben über ihre Vertreter Einfluss auf die Geschäftspolitik.

Das slowenische Modell ist bisher erfolgreich. Auch deshalb, weil die meisten Parteien des Landes in den Grundsatzfragen an einem Strang ziehen. Zwar gab es über die Interpretation der Geschichte während der italienischen und deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg scharfe Kontroversen zwischen dem linken und dem rechten Lager. In Bezug auf die notwendigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Reformen jedoch, bei der Frage der Integration in Nato und EU konnte der bisherige Regierungschef stets auf eine breite Zustimmung im Volke vertrauen.

„Ein neues Kapitel“ würde aufgeschlagen, erklärte der Wahlsieger in seiner ersten Stellungnahme. Doch Änderungen wird es nicht viele geben. Nach der in Prag vor wenigen Wochen beschlossenen Aufnahme in die Nato wird Drnovsek alles daransetzen, das Land 2004 in die EU zu führen. Premier wird der bisherige Finanzminister Anton Rop. Damit ist verbürgt, womit ohnehin alle rechnen: Der wirtschaftlich erfolgreiche Kleinstaat Slowenien wird als Nettozahler in die EU aufgenommen.

ERICH RATHFELDER