Tabakwerbung ausgebremst

EU-Ministerrat beschließt weitgehendes Verbot ab dem Jahr 2005. Medien in Deutschland betroffen. Bundesregierung erwägt, die Richtlinie wie schon einmal per Klage zu Fall zu bringen

BERLIN/BRÜSSEL taz ■ Deutschland wurde gestern beim Tabakwerbeverbot von den anderen EU-Ländern überstimmt. Tabakwerbung wird in der Europäischen Union in allen Zeitungen und Zeitschriften ab 2005 verboten. Darauf einigte sich der EU-Ministerrat am Montag in Brüssel. Von dem Verbot werden auch der Rundfunk, das Internet sowie das Sponsoring bei grenzüberschreitenden Großveranstaltungen wie Autorennen oder Konzerten betroffen sein. Erlaubt ist Werbung dann nur noch im Kino und auf Plakaten.

Nach Ansicht von EU-Verbraucherschutzkommissar David Byrne, von dem der Vorschlag stammt, besteht ein Zusammenhang zwischen Tabakkonsum und Werbung. Das Rauchen koste jährlich mehr als eine halbe Million Menschen in der EU das Leben. Das Europäische Parlament in Straßburg stimmte kürzlich bereits für das Werbeverbot.

Formel-1-Star Michael Schumacher muss künftig ohne die Millionen aus großflächiger Zigarettenwerbung auf den Schutzanzügen und den Autos auskommen. Die Werbewirtschaft sprach von 200 Millionen Euro weniger Umsatz jährlich für alle Medien Deutschlands. Rund ein Prozent der geschalteten Anzeigen in Zeitschriften wird von der Tabakbranche bezahlt.

Allerdings hofft die Tabaklobby wieder auf die Bundesregierung: Die hatte die erste Version des EU-weiten Tabakverbots per Klage vor dem Europäischen Gerichtshof zu Fall gebracht. Im Jahr 2000 urteilten die Richter, Gesundheitsvorsorge sei Sache der einzelnen Länder und nicht der Union. Es ist deshalb nur folgerichtig, dass der zuständige Staatssekretär aus dem Verbraucherschutzministerium, Alexander Müller von den Grünen, gestern in Brüssel nicht ausschloss, die Bundesregierung werde auch diese Fassung vom Europäischen Gerichtshof prüfen lassen. Diese Möglichkeit hat EU-Kommissar Byrne vorausgesehen. Deshalb beruft er sich diesmal nicht mehr auf Vorsorge, sondern auf den Binnenmarkt. Angesichts von Tabakwerbeverboten in zahlreichen Ländern der EU sei eine Harmonisierung dringend geboten, so die Kommission schelmisch.

Die Bundesärztekammer sprach gestern von einem skandalösen Verhalten der Bundesregierung: Angesichts eines Raucheranteils von einem Viertel bei 15-Jährigen brauche man eine Regierung, die mit gutem Beispiel vorangehe. DPS, REM

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