Schönbohm hat sie geschafft

Sie war bundesweit bekannt für ihren Kampf gegen rechts – trotzdem gab sie auf als Landesbeauftragte für Toleranz

Sie gilt als unnachgiebig und resolut. Trotzdem hat Uta Leichsenring jetzt ihr Amt als brandenburgische Landesbeauftragte für Toleranz zurückgegeben – nach nur einem halben Jahr. „Frau Leichsenring war mit den Arbeitsstrukturen und Rahmenbedingungen nicht zufrieden“, erläuterte ein Sprecher des Bildungsministeriums der taz. Ansonsten konnte auch er nur aus den Lokalmedien zitieren: Sie habe Freunden und Bekannten anvertraut, „der Posten fülle sie nicht aus“.

Vielleicht macht er sie auch krank: Uta Leichsenring verbrachte lediglich 14 Julitage in ihrem neuen Job. Seither ist sie krankgeschrieben. Ihr Leiden liege „im psychischen Bereich“, so das Brandenburger Bildungsministerium zur taz.

Ihre Kollegen jedoch vermuten, dass es vor allem die unklaren Verwaltungsstrukturen waren, die Leichsenring so schnell wieder aufgeben ließen. Ihr Titel klang zwar ehrenvoll und lautete vollständig „Landesbeauftragte für das Handlungskonzept Tolerantes Brandenburg“ – doch verbarg sich dahinter nicht viel. Weder besaß Leichsenring abgesteckte Kompetenzen, noch verfügte sie über einen nennenswerten Etat. In Wahrheit war es ein Versorgungsposten, weil sie Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) lästig wurde.

Über zehn Jahre lang hatte die heute 54-Jährige das Polizeipräsidium in Eberswalde geleitet, wo gleich zu Amtsbeginn im Jahre 1991 der Angolaner Amadeu Antonio von Neonazis erschlagen wurde. Unnachgiebig ging die studierte Ökonomin gegen die rechten Straftäter vor – die ehemalige DDR-Bürgerrechtlerin wurde zu einer Symbolfigur im Kampf gegen rechts. Auch in ihrer Freizeit engagierte sich die Mutter zweier Söhne gegen die Diskriminierung von Minderheiten und für mehr Toleranz. 1999 wurde sie mit der Theodor-Heuss-Medaille geehrt; das ZDF-Magazin „Mona Lisa“ wählte sie zur „Frau des Jahres 2000“.

Diese Auszeichnungen nutzten der Polizeipräsdentin jedoch wenig, nachdem Schönbohm Innenminister geworden war. Ihr oberster Dienstherr machte keinen Hehl daraus, dass ihm die couragierte Frau nicht passte. So attackierte er sie im Frühjahr 2001, weil sie nicht sofort ihren Urlaub abgebrochen hatte, als die entführte Ulrike gesucht wurde. Wenig später legte er nach, indem er ihr die so genannte Überstundenaffäre anhängte. Angeblich hatten sich Leichsenring und weitere Polizeibeamte gegenseitig Überstunden gutgeschrieben. Schließlich kam es zu Vorwürfen wegen „Korruption“ und „Bestechung“. Das Verfahren wurde Anfang 2002 wieder eingestellt. Eine Polizeireform kostete Leichsenring schließlich ihr Amt: Die Zahl der brandenburgischen Polizeipräsidenten wurde kurzerhand reduziert.

Brandenburgs Bildungsstaatssekretär Frank Szymanski (SPD) äußerte gestern seine „Hochachtung“ dafür, dass sich Leichsenring zum Rücktritt entschlossen habe. Er bedaure es, dass sie diese Entscheidung „jetzt so treffen musste“. Auf mögliche Differenzen mit seiner Untergebenen ging er nicht ein. Er betonte aber, dass über eine Entlassung aus Krankheitsgründen nie gesprochen worden sei. Angaben über eine Nachfolge machte das Ministerium nicht. Wahrscheinlich braucht man den Posten auch gar nicht mehr, da man Leichsenring ja nun losgeworden ist.

STEPHANIE VON OPPEN