US-Diplomat im Genfood-Krieg

US-Botschafter Tony Hall hält die Weigerung der Regierung des von Hunger bedrohten Sambia, genmanipulierten Mais als Nahrungsmittelhilfe anzunehmen, für ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die Krise Simbabwes regt ihn weniger auf

von FRANÇOIS MISSER
und DOMINIC JOHNSON

Bisher reservierten ausländische Helfer Kritik an den Regierungen der Hungerländer im Süden Afrikas vor allem für Simbabwe, dessen Regierung Lebensmittelhilfe nach politischen Kriterien verteilte. Jetzt steht nicht mehr Simbabwe im Visier der USA, sondern Sambia, dessen Präsident Levy Mwanawasa sich weigert, genmanipulierten Mais als Lebensmittelhilfe anzunehmen. „Führer, die ihrem Volk Nahrung verweigern und sie damit verhungern lassen, sollten vor den höchsten Gerichten der Welt für die schwersten Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Rechenschaft gezogen werden“, sagte Tony Hall, US-Botschafter bei der UN-Agrarorganisation FAO in Rom, am Donnerstag in Brüssel nach einer Reise durch die betroffene Region.

„Es gibt Nahrung in der Region, die gegessen werden muss und die man essen können darf“, regte sich Hall auf. „Die Bürokratie muss durchbrochen werden. Wir brauchen Taten. Die Katastrophe steht nicht vor der Tür – sie ist schon da.“ Die USA lieferten bereits die Hälfte aller Lebensmittelhilfe in die Region, betonte der US-Demokrat Hall aus dem Bundesstaat Ohio und forderte: „Die Welt muss Druck auf die Führer der Region ausüben, die diese Nahrung ablehnen.“

Hall erinnerte daran, dass die FAO, das UN-Welternährungsprogramm WFP und sogar Greenpeace den Einsatz von Genfood zur Linderung der Hungerkrise im südlichen Afrika befürwortet hätten. Sambia ist das einzige Land der Region, das genveränderte Lebensmittel rigoros ablehnt. Die Haltung hat zu Streit geführt, denn Hilfswerke können ihre Genmaisvorräte jetzt nicht verteilen. Vereinzelt kam es zu Plünderungen.

Völlig isoliert ist Sambias Regierung jedoch nicht. Ein Treffen afrikanischer Verbraucherschutzverbände aus 20 Ländern erklärte im November bei einer Konferenz in Sambias Hauptstadt Lusaka: „Gentechnologie ist keine Lösung für die Ernährungsprobleme Afrikas und stellt ein Risiko für die Artenvielfalt in der Region dar.“

Die Regierungen von Lesotho, Malawi, Mosambik und Simbabwe haben sich bereit erklärt, gemahlenen Mais anzunehmen, der nicht mehr als Saatgut taugt und damit die Maisernten des Landes nicht kontaminieren kann. Wie WFP-Regionaldirektorin Judith Lewis kürzlich in einem Interview erläuterte, ist dies keine einfache Lösung. Maismehl ist nicht lange haltbar, so dass der US-Genmais in jedem Fall ungemahlen in die Region eingeführt werden muss. Dann kann man ihn entweder zunächst in Südafrika mahlen lassen – dann ist die Zeit sehr knapp, um ihn in die Hungergebiete zu bringen und dort zu verteilen. Oder man errichtet gesonderte Mühlen in den Hungerländern – existierende Mühlen können nicht benutzt werden, sonst vermischt sich der Genmais mit existierenden Maisvorräten. All dies verteuert die Hilfe immens.

Aus Sicht Halls gibt es jedoch keine Alternative. Es sei „fast unmöglich“, rechtzeitig vor der Hungersnot nicht veränderten Mais in das südliche Afrika zu bringen, meint er. Als Druckmittel stellt sich Hall vor, Exporte aus renitenten Ländern zu blockieren. Diese Drohung hat die US-Regierung bereits gegenüber dem Kleinstaat Swasiland geäußert, aus Menschenrechts- und Korruptionsgründen.

Im Oktober wurde in EU-Kreisen diskutiert, Lebensmittelhilfe für Simbabwe mit militärischem Begleitschutz auszustatten, damit sie die Betroffenen erreicht. Das Problem sieht Hall jetzt als überwunden an: „Ja, Präsident Mugabe hat Nahrung in Simbabwe als Waffe eingesetzt. Er entfernte sogar Nahrung aus einem Gebiet, weil dieses Gebiet bei den Wahlen gegen ihn stimmte“, sagte er. Aber „wir haben dieses Problem hoffentlich gelöst“.