Dubiose Pillen vom falschen Doktor

Das Bremer Amtsgericht verurteilt zwei geständige Werbeverkaufsveranstalter zu Bewährungsstrafen, weil sie massenhaft ihre hoch betagten Kunden betrogen haben

Was als Mammutprozess mit über 60 Zeugen angekündigt war, brachte eine Schöffenkammer am Bremer Amtsgericht gestern binnen eines halben Tages zum Abschluss. Da die beiden Werbeverkaufsveranstalter Ernst-Stefan P. und Bodo B. geständig waren, konnte die Hauptverhandlung enorm abgekürzt und sämtlichen Zeugen die Anreise erspart werden. Das Gericht verurteilte P. und B. wegen „Betrügereien von erheblicher Professionalität“ zu Freiheitsstrafen von 21 und 12 Monaten auf Bewährung.

Während der hochverschuldete P., ein gut gebräunter 55-Jähriger mit Pferdeschwanz und grau meliertem Bart, als Geschäftsführer firmierte und im Hintergrund die Fäden zog, war sein Kollege B., der mit getönter Brille und Huub-Stevens-Frisur vor Gericht erschien, bei Kaffeefahrten als Verkäufer vor Ort aktiv.

Staatsanwalt Frank Passade brauchte fast eine halbe Stunde, um die Anklageschrift zu verlesen: In fast 60 Fällen wurde P. vorgeworfen, – meist zusammen mit B. – hochbetagte Menschen in Bayern, Sachsen und Brandenburg übers Ohr gehauen zu haben. Mal drehte das Duo den Greisen Präparate mit dubiosem Inhalt an, die nach zwei Wochen verdorben waren oder Hautkrankheiten auslösten. Kunden, die ihre „Bio-Flex-Bettauflage“ zurückgeben wollten, bekamen ihr Geld nicht zurück. Vorab bezahlte Badekuren in Ungarn fanden schlicht nicht statt.

Richter Hans Ahlers hielt den Angeklagten zu Gute, dass sie einen Teil ihrer Geschäfte auch ordnungsgemäß abgewickelt hätten sowie bis dato Wiedergutmachungen in Höhe von 30.000 Mark an die Opfer gezahlt haben. Ob sich die verurteilten Betrüger in ihren neuen Jobs bewähren, bleibt abzuwarten: P. verkauft mittlerweile Futtermittel über‘s Internet, und B., der wegen des Kaufs eines Doktortitels vorbestraft ist, will für Hotelgäste Ausflüge organisieren. jox