moneta Das elfte Gebot: Umschichten zum Wohle der Banken
Ein pechschwarzes Jahr neigt sich seinem Ende entgegen. Die Stimmung, geprägt von Kriegs- und Terrorangst, Bilanzfälschungen und Umweltkatastrophen, ist vergleichbar mit der in 2000. Nur spiegelverkehrt. Im Frühjahr 2000 hatten alle die rosa Brille auf. Kursrückschläge galten als grandiose Kaufgelegenheit. Heute scheint es, als würde die Welt in ein schwarzes Loch versinken, tief, tiefer, am tiefsten.
Niemand bringt mehr die Phantasie auf, dass die Wirtschaft die Kraft haben könnte, sich aus dem Sumpf zu ziehen. Kleinste Kursralleys an der Börse gelten als grandiose Ausstiegschance. Analysten und Journalisten verkünden unisono das elfte Gebot: Du sollst nicht langfristig anlegen! Du sollst traden! Vorbei ist die Zeit der Buy-and-hold-Strategie.
Es könnte sein, so will ich mal vorsichtig formulieren, dass dieses innovative Postulat seinen Ursprung in der puren Verzweiflung einschlägiger Investmenthäuser hat. Denn in einer Zeit, da alle Welt das Geld lieber unter dem Kopfkissen als in Wertpapieren hält, lassen sich neue Umsätze nur durch Umschichtungen erzielen. Manch eine Bank empfahl ihren Kunden allein in diesem Jahr zweimal, zu vollen Gebühren umzuschichten. Nicht selten reduzierte sich allein dadurch das Vermögen um zehn Prozent.
Was werden all jene wohl tun, wenn die Stimmung doch dreht und DAX, Dow und Konsorten nächstes Jahr davonrauschen? Sie werden, so zeigt es zumindest die Geschichte, hoffnungsvoll an die Börse zurückkehren und wieder neue Gebühren entrichten. Fragt sich, ob nicht doch die alte Weisheit ihre Existenzberechtigung hatte, die da hieß: Hin und Her macht Taschen leer.
Ich zumindest glaube nach wie vor, dass ein ausgewogen strukturiertes Depot, ausgestattet mit ausreichender Liquiditätsreserve, kein hektisches Handeln verlangt. Und schon gar keine neuen Gebote.
Susanne Kazemieh ist Finanzmaklerin und Gründerin der Frauenfinanzgruppe, Grindelallee 176, 20144 Hamburg, Tel.: 4142-6667,Fax: 4142-6668,
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